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Aus »Wiprecht von Groitzsch«.   Vers 71069 bis 71132

ERSTER AUFZUG. ZWEITE SZENE


Wiprecht, Judith.

WIPRECHT: O Augenstern, es quälte dich zu warten!
Doch nun herrscht Frieden hier im Osterlande,
Gejätet ist das Unkraut rings im Garten,
Ich hab vertilgt die ganze Mörderbande.

JUDITH: Nur Schlächtereinen höre ich dich künden.
Ich hoffte, daß der Sohn dich milder machte.
Hast du nicht Furcht, das Übermaß der Sünden
Beim Weltgericht dir eine Grube schachte?

WIPRECHT: Es ist noch Zeit, die Kirche zu versöhnen,
Doch ohne Macht kann Frieden nicht gelingen.
Ich komm zu dir, den Abend zu verschönen,
Ich lasse einen Lautenspieler singen.

JUDITH: O nein, ich mag Zerstreuung jetzt nicht leiden.
Sag an, wie ging der Feind vor dir zugrunde?
Und dürfen nun die Schafe sorglos weiden,
Und nirgends eitert eine nächste Wunde?

WIPRECHT: Verlange nicht, das Handwerk dir zu schildern,
Das Frauenherzen muß gewiß entsetzen,
Und glaub, daß Räuber künftig nicht mehr wildern
Und daß die Bauern Recht und Herrschaft schätzen.

JUDITH: Ich will es wissen. Hast du sie geschlagen
In offner Schlacht? Im Zweikampf gar bezwungen?
Ich geh und steh, und überall sind Fragen.
Ich bin von Unruh und von Furcht durchdrungen.

WIPRECHT: Der Hageno, der feige Tubichiner
Wich meiner Macht und hat sich schnöd verkrochen,
Nun geht er selbst zum Miste nur mit Diener,
Ich habe ihm die Augen ausgestochen.

JUDITH: Wie schrecklich und wie grausam solch Gebaren!
Was schicktest du den Schelm nicht zum Gerichte,
Wer lehrte dich, ob es wohl Ritter waren,
Daß man den Feind versehr im Angesichte?

WIPRECHT: Es schirmte ihn, der weibisch mir entschwunden,
Die Jakobskirche, die zu Zeitz am Wege,
Dies hat gerechte Tötung unterbunden,
Drum danke er der zweifelhaften Pflege.

JUDITH: Kam er dir vor das Schwert aus dem Asyle?

WIPRECHT: Nicht ohne etwas Feuer unterm Hintern!
Ich stand am Tor mit furchtbarem Gefühle
Und wollte dort nicht müßig überwintern.

JUDITH: Du hast die Kirche abgebrannt und alles,
Was drinnen stand, am Kreuz und am Altare?
O Chisti Leid! Was nützt die Macht des Walles?
Wir sind verflucht, die Wiege und die Bahre!

WIPRECHT: O mäßge dich! Man kann doch alles richten,
Sind Frieden, Recht und guter Will im Bunde,
Ich konnte nicht auf diese Tat verzichten,
Schon viele Jahre schwärt die böse Wunde.
Ich habe dieses Land mit Recht erworben
Im freien Tausch, ich gab das Gut der Väter,
Die Nachbarn haben mir das Glück verdorben,
Erst wich ich schwach, gerüstet kam ich später.

JUDITH: Vergeltung oder Rachsucht sind die Knechte,
Die Sünden schaffen, die zum Himmel schreien.
Ruf nach dem Bischof, daß er glimpflich rechte,
Und bitte unsern Heiland um Verzeihen!

WIPRECHT: Ich bin so müde und so abgeschlagen!
Ich hoffte auf den Trost von deiner Liebe.
Statt dessen gehts mir nochmals an den Kragen,
Daß keines heil von meinen Gliedern bliebe.
Ich weiß, ich trag ein hartes Erb im Blute,
Und doch, was du als Sünde schiltst und Laster,
Wird einmal blühn und man erkennt das Gute,
Im Herbst vielleicht, als eine späte Aster. (Ab.)