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Aus »Götzenspiele. Tragödie«.   Vers 69402 bis 69453

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Götz tritt auf.

GÖTZ: Ha, guten Morgen – hat er ausgeschlafen?

WEISSLINGEN: Hotel, fünf Sterne, sollte es nicht nobler
Erreichen als Mariens Friedenshafen.

GÖTZ: Du übertreibst, gewiefter Süßholz-Hobler.

WEISSLINGEN: Eins darf ich dir versichern, o Kollege
Die Überraschung ist dir fein gelungen.

GÖTZ: Verpatztes Ding braucht ungewohnte Wege,
Daß es von neuer Tatkraft sei durchdrungen.

WEISSLINGEN: Authentischeres Spielen auf der Bühne?
Was sonst solln mich die Urlaubstage lehren?

GÖTZ: Hervorzutun, wo Schuld sei und wo Sühne,
Sein umgekehrt die Bürden und die Ehren.

WEISSLINGEN: Ehr ungeeignet scheint mir die Kulisse
Für derlei, unser Stand bleibt doch der gleiche.

GÖTZ: O glaube mir, daß ich das besser wisse,
Doch weiß ich nicht, ob Umkehr ich erreiche.
Die Welt, in der wir sonst gemeinsam weben,
Will Weißlingen, doch will sie Götzen keine,
Ich gleiche einer Mumie, du dem Leben,
Auch wenn ich deinem Stolz lebendig scheine.

WEISSLINGEN: Daß ich nicht lache, du ein Abgehängter!
Beneiden willst du mich, du liebe Güte!
Was Amor alles schenken kann, dir schenkt er.
Dir lächelt jedes Blümlein, jede Blüte.

GÖTZ: Ja, hält der Mime sich an alle Rollen
Und spielt den Narrn für die Lakain und Fürsten,
Mags sein, daß ihn noch Ärmere gern wollen,
Die auch noch nach den kleinsten Pfründen dürsten.

WEISSLINGEN: Worin bin ich dem Götzen überlegen?

GÖTZ: Du bist im Frieden mit der Welt von heute.
Das ist ein unermeßlich großer Segen
Und einzig wirklich wichtig für die Leute.

WEISSLINGEN: Zu stören meinen lächerlichen Frieden,
Sprengst du die Probe, sperrst mich ein bei Bauern,
Spielst Psycholog und glaubst, wenn wir geschieden,
Würd in mir nur Verständnis überdauern?

GÖTZ: Du wehrst dich zu verstehn, was ich erhoffe.
Ich frage mich, warum in allen Lagen
Weißlingen oben schwimmt, was für Christophe
Ihn auf den Händen durch die Wasser tragen.

WEISSLINGEN: Phantasterei nenn ich die Aureole,
Die du auf meiner Wenigkeit vermutest,
Ich bin Utopia nicht, zum Himmelspole
Taug ich so wenig, wie du selber blutest.

GÖTZ: Nein, nicht als Ideal sieht dich der Schwärmer,
Ich seh dich nicht als Ausnahme und Großen,
Ich hoff allein, mir würd im Herzen wärmer,
Blieb ich nicht unbegreiflich ausgestoßen.

WEISSLINGEN: Ich fühle Mitleid, denn du bist so irre,
Wie keinen Menschen jemals ich getroffen.
Was klag ich, daß an mir die Kette klirre?
Ich will für dich auf eine Beßrung hoffen.