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Aus »Götzenspiele. Tragödie«.   Vers 69454 bis 69536

ZWEITER AUFZUG. DRITTE SZENE


Maria tritt auf.

MARIA: So wie ich seh, habt ihr euch ausgesprochen.

GÖTZ: Wir haben es versucht, uns auszusprechen.

WEISSLINGEN: Wir haben uns betastet und berochen
Um nicht mehr auf den andern einzustechen.

GÖTZ: Ich muß noch einmal weg.

MARIA:                 Oh, das ist schade.
Ich wollt dem Bruder gern Gesellschaft leisten.
Im Hof wird einem rasch das Nichtstun fade,
Denn stets beschäftigt sind ja doch die meisten.

GÖTZ: So nimm vorlieb mit ihm, dem alles eben.
Gehabt euch wohl, ich komme immer wieder. (Ab.)

MARIA (zu Weißlingen):
Ach, hilf mir mal, den Tisch hier anzuheben,
Er kippelt mir noch Kaffee auf das Mieder.
(Sie werkeln gemeinsam, bis der Tisch gut steht.)

WEISSLINGEN (nach einer Weile mit einer Geste ins Land):
Ein wolkenloser Himmel überm Walde –
Was für ein Wind hat sie nur fortgetrieben?

MARIA: Wohin du zeigst, da liegt die Abraumhalde,
Die uns vom Kupferbergbau ist geblieben.

WEISSLINGEN: Romantisch ist Maria nicht, die harte,
Sie melkt die Ziegen, ölt die Pumpe rostig,
Und findet sie zu bessern keine Scharte,
So wird sie still und fast ein wenig frostig.

MARIA: Was habt ihr für Probleme, du und Götze?

WEISSLINGEN: Was sagt er dir, wozu ich hier gefangen?

MARIA: Er brütet stumm am See und angelt Plötze,
Und er erzählt, was ihm die Elfen sangen.

WEISSLINGEN: Wer ahnte, welche Träumerei ihn leitet?

MARIA: Ich dacht, du wärst ein Freund und ein Vertrauter.

WEISSLINGEN: Nur Unbill hat mir dieser Mann bereitet,
Unglücklich aber aus den Augen schaut er.

MARIA: Ein Freund wär not dem knappenlosen Ritter.
Ergründest du nicht, was an dich ihn bindet.

WEISSLINGEN: Sein Reden ist gewöhnlich richtig bitter,
Ich glaube kaum, daß er mich trefflich findet.
Er meint, ich sei ein Mann der Welt, des Heute,
Chamäleonesk vom Zeitensinn befiedert,
Vergangen aber, was den Götzen freute,
Vom Heutigen ist er nur angewidert.
Er nennt es Frieden, was mir glückt im Lande,
Und nennt es Gnade, daß ich drob nicht leide,
Und mein Hinwegsehn über Schmach und Schande
Sei eine Kunst, um die er mich beneide.

MARIA: Du hast ihn recht verstanden und wie keiner
Prägnant geschildert Hoffen und Verzagen.
Wem Ohren heller sind und Nase feiner,
Mögs nicht verstehn, dir Freundschaft anzutragen.
Gibst du dich weltfremd, fällt ihm zu die Rolle,
Sich selber weltlich und gewandt zu zeigen,
Dann winde er sich, wie er immer wolle,
Er nimmt die Gegenwart als gut und eigen.

WEISSLINGEN: So bin ich nun der mittelalterferne
Gesell, der Minnesänger mit der Klampfe,
Ich preise tugendhafte Fraun und Sterne
Und Männer, die der Türke ruft zum Kampfe.

MARIA: Ich hab auf meiner Kammer eine Laute
Und Wams und Rock für echte Lautenschläger,
Hol ich noch Met, den ich aus Honig braute,
So nennt den Wager dich der reinste Wäger. (Ab.)

WEISSLINGEN: Wohin dies alles führe, nicht zu fragen,
Ist Leichtsinn, bei dem sträflich untertrieben,
Doch alle Folgen, wärn sie zu beklagen,
Kann ich auf Amor und die Braukunst schieben.
(geht sinnierend im Kreis)
Wenn sich verschärfen Lockdown und Schikane
Auf Straßen, in Geschäften und zuhause,
Dann wird die Auszeit aus dem ganzen Wahne
Ein Gold-Exil und nicht nur Liebes-Klause.

MARIA (mit der Laute, Kleidung und einem Humpen zurück):
So hier die Akzidentien, wie versprochen,
Es wird nicht alles gleich auf Anhieb klappen,
Doch ich versicher dir, nach ein paar Wochen
Frißt jeder Hund den hingehaltnen Happen.

WEISSLINGEN (kurz ab, singt eingekleidet zur Laute):
Ob ich fiedel oder geige,
Ob ich rase oder schleiche,
Immer schaust durch Wipfelzweige
Du, Maria, segensreiche.
Ob ich schlemme oder faste,
Ob im Schmande, in der Butter,
Was ich in der Welt ertaste,
Gilt Maria, Gottes Mutter.
Jedes Siegel trag dein Wappen,
Nach dir hetze jeder Rappen,
Jeder Strahl der Wasserpumpen
Ob im Fernsehn, ob im Filme,
Jeder Met-gefüllte Humpen
Preis Maria an der Ilme.
(Beide ab.)