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Aus »Götzenspiele. Tragödie«.   Vers 69230 bis 69286

ERSTER AUFZUG. ZWEITE SZENE


Eine Waldlichtung an der Schwarza.


Götz, Elisabeth.

ELISABETH: Der Weißlingen geht auf der andern Seite
Des Bergs, ich hab ihn munter trotten lassen,
Mir ist zumut nach Sonne, nicht zum Streite,
Drum ließ ich ihn die Lichtung gern verpassen.

GÖTZ: Bezähm dich, denn nicht leicht ist seine Rolle
Und tragischer als meine des Gerechten,
Sein leerer Krug und nahebei der volle,
So muß der Mensch mit seinem Schicksal fechten.

ELISABETH: Du redest ja, als sei das Stück von Goethe
Ein Bann, der uns verschleißt wie Marionetten,
Als spiele uns der Dichter auf der Flöte
Und schüfe uns die Flügel und die Ketten.

GÖTZ: Wir haben uns für dieses Stück gefunden,
So wie der Stoff in Straßburg fand den Schreiber,
Wir sehn den Blitz nicht, der uns trifft, die Wunde
Ist aber Herz und Hirn für unsre Leiber.

ELISABETH: So mystisch hast du nie zu mir gesprochen,
Draufgängerisch erschien mir ehr dein Wesen.
Wie kann das sein, die Spielzeit abgebrochen
Und wir für diese Rollen auserlesen?

GÖTZ: Ich hab geübt wie du schon manche Rolle,
Wie man heut sagt: ein Job, ein Deklamieren.
Hab weder mich gefragt, ob ich es wolle,
Noch dran gedacht, ein Fatum zu kreieren.
Doch war es diesmal anders, dem von Eisen
Die Hand ward, dieser junge, späte Ritter,
Er ließ mich in das Bild der Freiheit reisen,
Bis sie ganz nackt verlor den letzten Flitter.

ELISABETH: Was soll die nackte Freiheit uns bedeuten?
Der Säugling ist ganz untertan der Mutter.
Der Grübler sucht Bedingtes zu enthäuten,
Die Freiheit ist zuerst genügend Futter.

GÖTZ: So mein ichs nicht, worauf mich Goethe brachte,
Die Freiheit liegt nicht im verbrieften Rechte,
Sie frommt nur dem, der sich zum Freien machte,
Denn Sorg und Müh geringer sind dem Knechte.
Gar knechtisch ists, zu fordern, zu verfuttern,
Erst buchstabtreu zu folgen dem Befehle
Des Mächtigen so blind, als seis bei Muttern,
Und wimmern, wenn zu eng zuletzt die Kehle.

ELISABETH: Was du da raunst, ist strafbar fast schon heute.
Du nennst es knechtisch, wenn man Alimente
Erdient und nimmt so wie die meisten Leute
Als Lohn, Gehalt, als Stütze und als Rente?

GÖTZ: Der Freie dient nur Gott und seinen Mündeln,
Wer Freiheit sagt und ganz vergißt den Freien,
Sieht sie am Ende immer bloß in Bündeln
Bedruckter Scheine und in Staatsanleihen.

ELISABETH: Was soll das heißen? Bist du gar der Freie?

GÖTZ: O nein, ich bin geringster Knecht und Mime.

ELISABETH: Du spottest aller, grausam nach der Reihe
Stößt du in alle Bäume Kupferpfrieme.

GÖTZ: Verkehrt, ich fand den Ausweg.

ELISABETH:                 Nein, Kollege,
Du solltest dich mal selber reden hören,
Ich geh jetzt lieber einsam meine Wege
Und werde nicht den Philosophen stören. (Ab.)