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Aus »Hermann Sterl. Ekloge«.   Vers 68805 bis 68941

DRITTER AUFZUG. DRITTE SZENE


Die Vorigen. Eine Journalistin tritt auf.

JOURNALISTIN:
Hallo, ich hab mich jämmerlich verfahren,
Die Gegend hier ist furchtbar ausgeschildert,
Man meint, man fände sich im Reich des Zaren,
Nun, gut für den Artikel, der bebildert.

STERL: Bleibt Kinder hier, daß man nicht später sage
Ich wollte wem den Maulkorb jetzt verpassen.
(zur Journalistin)
Der Rock, mein Kompliment, könnt alle Tage
Sie ehrbar und gereift erscheinen lassen.

JOURNALISTIN:
Nun ja, Sie wissen, daß ich mich dem Brauche
Des Hauses fügte wie wir es besprochen,
Mir ists, als ob ich in die Rolle tauche,
Aus der ich einmal fröhlich ausgebrochen.

STERL: Wir glauben nicht, daß solcher Ausbruch lohne,
Er heißt, den Rat sich bei Versagern borgen,
Seit ich im Walde mit Familie wohne,
Spürn wir die Gnade Gottes jeden Morgen.

JOURNALISTIN (zu Arsenios):
Der Vater schlägt dich öfter mit der Gerte –
Ist er nicht hart mit solcherlei Erziehen?

ARSENIOS: Nicht hart ists, wenn er mir die Unart wehrte,
Und was ich bin, bin ich durch ihn gediehen.
Wohl besser scheint mir, wenn mit einem Schmerze
Der Fehler wird gebüßt, die freche Zunge,
Dies macht uns frei, daß man sich wieder herze
Und nicht geheim verurteilt werd der Junge.

JOURNALISTIN:
Der Bub spricht seltsam, wenn auch recht belesen.
Ich hörte, Sie verachteten die Schule?

STERL: Die Bildung ist ein arg verkommnes Wesen
Und ähnelt immer mehr der Schweinekuhle.
Die Kuschelpädagogik schafft Idioten,
Unfähig, sich ihr täglich Brot zu dingen,
Als Lehrer schickt die Popkultur die Boten,
Da kann nicht mal das mindeste gelingen.

JOURNALISTIN:
Und Ihre Frau muß wie man sagt am Herde
Verkümmern, hat Beruf nicht, Freizeit, Tage,
Wo sie sich lösen kann von dieser Erde,
Um Kraft zu schöpfen für die nächste Plage.
Es ist kein Fernsehn hier, was Frauen lieben,
Kosmetik, Schmuck, den Schwatz mit andern Frauen,
Ich denk, wenn jemand so zurückgeblieben,
So wird er sich bald überhaupt nichts trauen.

ALIENOR: Sie denken völlig falsch, und all die Leiden,
Die Sie mir attestiern, sind überspannte,
Wer froh und glücklich sein kann von uns beiden,
Entscheide einzig, wer auch beides kannte.
Ich sei beruflos, meinen Sie und sehen
Nicht daß Beruf vom Ruf kommt durch die Zeiten.
Wer ruft nach Blättern, die so rasch verwehen,
Wie sie gedruckt, und dummen Eitelkeiten?
Als Mutter sind Berufung mir und Ehre
Vom Himmel und im Heim, erbaut aus Liebe,
Erscheints mir Schrulle, daß ich was entbehre,
Daß ein Talent mir unentfaltet bliebe.
Allein die Kinder, dann das Land, die Tiere,
Was glauben Sie, was schult und schafft Charakter,
In Moskau kannt der Blumen grad ich viere,
Der Mensch von heut, in Wahrheit ists ein nackter.
Ich bräuchte Urlaub, meinen Sie – vom Leben?
Ich denk dazu ist Zeit genug im Grabe,
Nach dem was man nicht ist allein zu streben,
Erscheint mir bloß ein törichtes Gehabe.
Kosmetik, Schmuck? Der ganzen Maskerade,
Die decken soll den Menschen ohne Seele,
Ist mir schon der Gedanke viel zu schade,
Weil niemals ich die Sterblichkeit verhehle.
Sie meinen, daß mein Mann mich unterdrücke,
Um rechtzuhaben vor dem Geist der Zeiten.
Da sagt ich nur: Sie ahnen nichts vom Glücke,
Wenn Mann und Frau in eine Richtung schreiten.
Sie sehns als Sklaverei, wenn ich gestehe,
Ich könnt mich im Gedanken nicht empören.
Sie nennen Trug, daß ichs als Freiheit sehe,
Weil Sie sonst Ihre Religion verlören.
Sie glauben nicht an Gott und den Erlöser,
Sonst wollten Sie die Schöpfung nicht verbessern,
Ich sag es klar: Das ist das Reden Böser,
Erst zuckersüß und dann mit langen Messern.

JOURNALISTIN:
Uff, sag ich da, die Fraun sind manchmal krasser
Als noch die Männer, wenn sie radikale,
Wer widerspricht, ist dann ein Menschenhasser,
Doch sag ich dennoch nicht: Ich geh und zahle.
Ich würde gern die Jüngeren mal hören,
Ob dies Vermächtnis auch für sie verbindlich,
Dann werd ich nicht mehr allzulange stören,
Denn was ich denk, trifft manchen wohl empfindlich.
(zu Pelagia):
Sie sind doch an der Uni, lieg ich richtig,
Studieren Romanistik, die Franzosen
Sehn manche Dinge doch nicht so gewichtig,
Und an der Uni braucht man nicht Mimosen.

PELAGIA: Oja, nach Frankreich haben Russengeister
Sich oft gesehnt mit wechselnden Motiven,
Molière zum Beispiel ist ein großer Meister
Mit scharfem Aug am Graden und am Schiefen.
Was man landläufig Leichtsinn nennt, als gelte
Dem Franzen nur Ballett und Wein und Weiber,
Dies find ich eine ungerechte Schelte,
Und meist paßt dieser Leichtsinn auf den Schreiber.
Was mir behagt, das sind die klaren Blicke,
Unkruden Worte gradenwegs zur Sache,
Nicht, daß auch dort wer flunker mal und flicke,
Doch selbst die Schelmerei ist eine wache.
Wer übt die fremden Sitten oder Normen,
Tuts niemals, um das Eigne zu verwerfen,
Es kann uns aber, was die andern formen,
Den Blick auf unsre eigne Tugend schärfen.

JOURNALISTIN:
Nun ja, so weit, ich hätt dann nur noch eines,
Herr Sterl, was sagen Sie zur Bankenkrise?

STERL: Das ist vielleicht das End des großen Scheines
Und mancher, der ihn aufgebläht, macht Miese.
Sie wissen doch, ich bin ein schlichter Bauer,
Hab nie begehrt, ein Bankhaus aufzumachen,
Auch dem, der achtgibt, wird die Milch mal sauer,
Und wenn die Katz stirbt, hat die Maus zu lachen.

JOURNALISTIN:
Nun ja, ich dachte, weil mit großem Gelde
Sie einmal standen souverän im Bunde,
Sie hätten ein Rezept auf diesem Felde
Und warteten nur noch auf Ihre Stunde.

STERL: Mag sein, doch ist die jetzt noch nicht gekommen,
Und also ists nicht klug, zu arg zu eilen,
Noch nennt man einen Trottel dort den Frommen,
Wo Bank und Wirtschaft sich die Beute teilen.

JOURNALISTIN:
Ich will für alles danken, was ich hörte
An Programmatik, an Kritik und Psalter,
Entschuldigt sei, wenn eine Frag empörte,
Ich bin nicht allzu oft im Mittelalter.
(recht rasch ab.)

STERL (erhebt sich, gibt Alienor einen Kuß, dann zu allen):
Ich bin so stolz auf euch, auf eure Treue,
Was ist ein Mann, der hat nicht solche Stärken,
Pelagia, sag dem Waldemar, die Reue
Ergriffe ihn, würd er dies Glück bemerken.
Ich danke Gott und dies aus tiefstem Herzen,
Daß seine Gnade mich mit euch beschenkte,
Was sind dagegen Hindernisse, Schmerzen,
Wenn Er die Dinge so vollkommen lenkte.
Ich spüre, wie der Stolz mich stärkt und rüstet,
Denn vor uns liegen weitere Gefahren,
Doch eh sich einer mit Verdiensten brüstet,
Tut jetzt die Pflichten, die seit jeher waren.
(Die Kinder ab.)