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Aus »Hinz und Kunz. Kabale«.   Vers 64353 bis 64444

ERSTER AUFZUG. FÜNFTE SZENE


Hinz, Richter, Eich, Andersch, Born, Weyrauch, Ilse und andere Schriftsteller.

BORN (nach einer Pause):
Ob Onkel oder Neffe – dilettantisch
Scheint mir die Posse im Familienkreise,
Nach Taugenichtsen, Eichendorff-romantisch,
Verlangt die Aufbauzeit in keiner Weise.

ILSE: Ich mag die Fordrung nicht des Zeitgemäßen.
Was Aufbau? Kriechen nicht schon Sturmbannführer
Hervor, bereit, daß sie im Panzer säßen
Nach Rußland hin für Luther, Kant und Dürer?
Verweigrung muß mir glatt als Tugend gelten,
Wenn Deutschland sich in neuem Bündnis rüstet.
Wollt ihr den Schlächter erst am Tage schelten,
Wenn er mit neuem Völkermord sich brüstet?
Und überhaupt steht zu dem Leistungszwange
Nicht nur Romantik schroff im Gegensatze,
Es mag wer will den Anzug von der Stange
Sich anziehn, doch ich bleib im Haus die Katze.

ANDERSCH: Der Außenseiter will mir wohl behagen,
Auch soll man der Armee sich wohl verweigern,
Doch scheints mir rätlich nicht, um Kopf und Kragen
Die Masche bis nach ultimo zu steigern.

WEYRAUCH: Ich geb mich wieder mal als Ulenspiegel.
Was machten jene, gäbs nicht Lotterien?
Ein Haus braucht Mörtel und gebrannte Ziegel,
Nicht nur das Glück, das rechte Los zu ziehen.
Es mag sich zwar kein Staat mehr leisten wollen,
Den Teil am Glücksgeschäfte abzuschreiben,
Doch die Vernunft nennt dies ein blödes Tollen,
Und mahnt, von solchem Wahne fernzubleiben.
Ich mag zwar Litratur nicht als Gebote,
Doch unmoralisch scheint mir solches Werben,
Auch etwas dick erscheints, vom Lottobrote
Gewinner sein unds vorher auch noch erben.
Grad weil der Leser weiß, er hatte immer
Die falschen Zahlen, wird er ausgeschlossen
Von diesem exklusiven Seitenzimmer
Und bleibt zurück bei Vater und Genossen.

ILSE: Sie schätzen doch die volksverbundnen Worte?
Das sind die Märchen doch gewöhnlich, oder?
Sehn wir den Sinn im Zahlenrater-Sporte,
So ähnelt dies, was man aus Schlick und Moder
Hat schatzgegraben einst als Gold und Perlen,
Der Glückliche im Märchen ist der Finder,
Ihm quakt der Frosch, ihm raunen zu die Erlen:
Im Dunkeln ruht des Schicksals Überwinder.

WEYRAUCH: Das Glück, das wir erfahren in den Mären,
Ist keine Würfelei und stets verbunden
Mit Mitleid oder Liebe, es erklären
Sich die Verfemten als die Herzgesunden.
Doch so nicht bei den Helden der Geschichte,
Die einzge Tugend, die mir aufgefallen,
Buchhalterisch erscheint im hellen Lichte,
Ich mag sie wie beim Meeresbad die Quallen.

EICH: Es geht nicht drum, ob wir die Helden lieben,
Erzählungen, die wir zu schätzen üben,
Sind Werte nicht, die ewig gleich geblieben,
Noch Lotosblüten auf dem grünlich Trüben.
Nicht statisch thront das Kunstwerk überm Markte,
Es zeigt sich dialogisch und betroffen,
Im Zeigen, wie es bei dem Tausch erstarkte,
Darf es allein auf eine Zukunft hoffen.
Ich finde vom Erzähler aufgestoßen
So manches Tor, das vom Tabu verriegelt,
Er zeigt im Kleinen, was uns schnürt im Großen,
Die größte Torheit er im Kleinsten spiegelt.
Wir sehen die Familie, er entlarvte
Sie uns als Repression zu allen Zeiten,
Nicht daß er uns vom Vaterlande harfte,
Nicht Mutter rief, das Sohnesherz zu weiten,
Nein, er sagt klar, die eingespielten Bande
Verlangen nach dem Bock, nach einem Narren,
Ob Glück, ob Pech, ja es verläuft im Sande,
Jedoch die Sippschaft spannts vor ihren Karren.
Muß ich hier erst das Mutterkreuz beschreien,
Um klarzustellen, wo der Hort der Schlange?
Nicht könnte die HJ den Bub befreien,
Gäb ihm nicht schon das Elternhaus die Zange.
Anschaulich zeigt er, wie die Säuglingskinder
Noch nicht in Reih und Glied stehn wie die Spießer.
Wer nicht gehorcht dem Leistungsdruck der Schinder,
Wird dem was andre ärgern muß Genießer.
Daß seine Helden Trunk und Spiel nicht meiden,
Zeigt an, daß sie auf dem Planeten leben,
Wo Völker dumpfe Traditionen leiden
Und Ideologen braune Schleier weben.

RICHTER: Ich schlage vor, daß wir nach einer Pause
Abstimmen, ob den Förderpreis der Gruppe
Das schwarze Schaf erhalten soll im Hause,
Auf daß es sich als weißer Hirsch entpuppe.
Die Company MacCann hat uns gestiftet
Die Mittel, uns zu zeigen als Sponsoren,
Doch eh ein leerer Magen uns vergiftet,
Sei vor dem Mahl kein weitres Wort verloren.