Willkommen

Lebenslauf

Aktuell

Werke

Publikationen

Audio

Leserstimmen

Besucherbuch

Impressum
 
vorige Szene nächste Szene

Aus »Hinz und Kunz. Kabale«.   Vers 64445 bis 64509

ERSTER AUFZUG. SECHSTE SZENE


Das Büffet wird hereingefahren. Lockeres Gespräch beim Essen. Ein Schriftsteller lädt sich besonders viel Essen auf den Teller und wird deshalb von einem Kollegen ermahnt.


Zwei Schriftsteller.

ERSTER SCHRIFTSTELLER:
Nun mach mal stopp, nicht zinnern sind die Teller,
Auch ist es nicht Keramik wie in Sachsen,
Dein Turm kommt mir zwar vor wie Rockefeller,
Jedoch beim Stolpern brichst du dir die Hachsen.
(als der zweite näher kommt, leiser)
Es muß nicht sein, daß man hier weiß vom Weiten,
Daß du herbeikommst aus der Russenzone,
Sieht Richter dies, so sag ich dir beizeiten,
Wenns Ladung gibt, bleibst nächstes Mal du ohne.

ZWEITER: Du achtest immer gut auf Nebendinge,
Drum bist du auch so gut zuhaus im Westen,
Du prüfst sogar beim Henker noch die Schlinge
Und stellst dann fest, daß alles steh zum besten.
(Er setzt sich, kaut erst einmal behaglich und fährt dann fort):
Die ganze Sache ist doch abgekartet,
Der Eich hielt die Laudatio auf den Neuen,
Da wird nicht mehr gekrittelt und gewartet,
Er darf sich schon auf seine Ehrung freuen.

ERSTER: Wir sind hier nicht bei euern Kommissaren!
Doch sag, was hat dir denn so sehr mißfallen?
Ist ein Rebell in deine Haut gefahren?
Muß Dichtung etwa stehn und Hacken knallen?

ZWEITER: Ich finde das Erzählte ziemlich mäßig,
Doch dies allein brächt mich nicht auf die Palme,
Und machte mich der Hunger nicht gefräßig,
Ich brächt nichts runter bei dem Eichschen Qualme.

ERSTER: Hier raucht doch gar kein Mensch. Du siehst Phantome.
Verschwörung rings! Das Kapital am Ruder!
Da werden Tabak selbst Vanill-Arome,
Und Schierling lacht aus weißem Zuckerpuder.

ZWEITER: Ich sprach kein Wort von Tabak und Zigarren.
Eich sprach von einem braunen Dunst, gewoben
Aus Tradition, die will er wohl verscharren,
Und nur noch was das Bauhaus herstellt loben.
Das ist zu dick, nur um ihn reinzuschrubben
Von dem, was früher ließ das Haupt ihn neigen,
Aus Blödigkeit betritt der keinen Schuppen,
Aus dem gewiß nur Kinderdrachen steigen.

ERSTER: Was hat das mit dem Vortrag heut zu schaffen?
Der war doch gut katholisch, die Moderne
Kam da nicht vor, das Lob der Säumig-Schlaffen,
Das mochten die Romantiker doch gerne?

ZWEITER: Ich kann die Taktik auch nicht recht begreifen,
Doch stinkt mir das Verleugnen der Parteien,
Ich laß mich nicht mit Baldrianöl seifen,
Um dann zu glauben, daß da keine seien.

ERSTER (gestikulierend):
Ich glaub, du siehst vor Einsamkeit Gespenster,
Der Richter ist ein criticus, der eitel,
Er horcht und lehnt sich dann erst aus dem Fenster,
Wenn die Tendenzen klar in seinem Scheitel.
Begabung ist ihm, daß er weiß zu wägen,
Was die Autoren kritisiern und schwatzen,
Sind augenblicklich noch verschwommne Schrägen,
Doch morgen schreins von jedem Dach die Spatzen.
Der Richter holt ins Haus sich die Antennen,
Drum weiß er, was wir morgen lesen werden,
Wo andre im Büro den Tag verpennen,
Beschaut er mit den Hirten auch die Herden.

ZWEITER: Antenne mag schon sein, doch daß die Dichter
Die Funker sind, fehlt mir der rechte Glaube,
Ganz andre Quellen hat vielleicht der Richter,
Die hinterm Teich zu orten mir erlaube.

ERSTER: Amerika! Ich nenn es fast Psychose,
Du siehst das Unglück stets von Westen kommen.
Vielleicht ist das auch besser bei dem Lose,
Auf Lebenszeit dem Russenstaat zu frommen.