Willkommen

Lebenslauf

Aktuell

Werke

Publikationen

Audio

Leserstimmen

Besucherbuch

Impressum
 
vorige Szene nächste Szene

Aus »Hinz und Kunz. Kabale«.   Vers 63996 bis 64079

ERSTER AUFZUG. ERSTE SZENE


Auf der Veranda eines Einfamilienhauses am frühen Morgen.


Guggenheimer, Richter.

GUGGENHEIMER:
Ein guter Morgen, ja, der Tag wird prächtig,
Das Geld ist da, wir lassen uns nicht lumpen,
Wir lassens angehn, langsam und bedächtig,
Ein großer Dichter sollte ja nicht pumpen.

RICHTER: Machs nicht so spannend, Walter, wessen Schreibe,
Soll denn das Los der Knappheit künftig missen,
Du willst doch nicht, daß ich als Leiter bleibe
Bis ganz zuletzt im völlig Ungewissen?

GUGGENHEIMER:
Ich riet dir, Heinrich Böll aus Köln zu laden,
Nicht ohne Grund, er wird heut überzeugen,
Halt dich zurück, denn nicht zu ihrem Schaden,
Wird sich die Gruppe dem Geheimtip beugen.

RICHTER: Ich bin begeistert nicht von dem Katholen,
Der hat doch nichts zu sagen als viel Trauer,
Es wär doch wirklich etwas mehr zu holen
Bei einem, der ein echter Zukunftsbauer.

GUGGENHEIMER:
Zuerst: Ich kenn den Böll schon aus dem Lager,
Wir haben Großes vor, es wird gelingen,
Ist er für diese Gruppe ein Versager,
So wird ers dennoch zur Berühmtheit bringen.
Denn glaube mir, auch du bist nur ein Rädchen,
Grad weil du ihn so unbekannt entdecktest,
Heißts bald, du hieltest Ariadnes Fädchen –
Das wars doch immer, was du hier bezwecktest?

RICHTER: Gut gut, trotz allem, warum grade jener?
Ich will nicht widersprechen, bloß begreifen,
Der Autor heut mag nicht den Papst zum Trainer,
Ich seh die Zukunft nicht aus Krypten reifen.

GUGGENHEIMER:
Ist dir das Geld von Schneider zu katholisch?
Den Deutschen fehlt doch jeder Sinn zur Finte.
Wir schwärzen uns das Angesicht symbolisch,
Und jeder meint, wir schaun bloß auf die Tinte.
Im Halse stecken bleibt der Vorwurf: Linke!
Nur textlich Starkes wir uns hier erlaubten.
Und daß das Urteil abgekartet stinke,
Wird man nicht mal in Lippoldsberg behaupten.
Und überhaupt, das Volk dem Nationalen
Entfremden, sei uns Rom ein Bundgenosse,
Die Zeit kommt wohl, daß es dies büßt mit Qualen,
Doch nach der Reihe nutze die Geschosse.
Die Linkskatholen sind des Reiches Feinde,
Die Hitler so wie vorher Preußen haßten,
Drum ist dies eine dienliche Gemeinde,
Und töricht wärs, wenn wir die Chance verpaßten.

RICHTER: Gut gut, doch sorgt mich, daß man so nicht stimme,
Der Böll wird uns die Langeweil nicht rauben,
Daß Großes in dem dürren Holze glimme,
Das werden die Autoren hier nicht glauben.

GUGGENHEIMER:
An dir ists, erstmal allen klarzumachen,
Daß Mystik das Gebot in unsrer Stunde,
Zerknirschung, Buße, einsam nachts zu wachen,
Und innigst suchen nach verborgnem Grunde,
Nicht länger sag, wir standen stets dagegen,
Wir suchen Mitverantwortung, Verstrickung,
Es klebt an unserm Volk, dies von uns legen,
Es widerspricht der sprachgetragnen Schickung.
Den Eich hab ich schon instruiert, bei allen
Für Stimmung bei dem Neuling heut zu sorgen,
Ich denk, ihm ist da schon was eingefallen.
Lehn dich zurück, genieße diesen Morgen!

RICHTER: Den Eich? und der war ohne weitres willig?

GUGGENHEIMER:
Nicht ohne weitres. Doch ich komm nicht ohne.
Ich weiß, du denkst, der Rundfunk ist nicht billig,
Doch wenn wer braun wie eine Kaffeebohne,
So ist er eher heut als morgen draußen,
Die Warnung war dem Eiche höchst verständlich,
Und eh ich weiter ausmaln mußt das Grausen,
Ward er ganz zahm und macht nun alles endlich.

RICHTER: Gibts ein Dossier, das Eich so sehr belastet?

GUGGENHEIMER:
Parteibeitrittsgesuch, nur abgewiesen,
Weil Zugangsstopp verfügt vom Führer selber,
Die Photos diesen Mann erbleichen ließen,
Doch noch ein andres machte ihn noch gelber.
Der Völkische Beobachter begeistert
Vom Eichschen Rundfunk, gradezu Eklogen.
Ich sagte, hast du diesen Dreh gemeistert,
So spannst du mir auch heute gut den Bogen.

RICHTER: Du Teufelskerl! Du bist mit allen Wassern
Gewaschen und braust immerfort dir neue,
Mir ist nicht bang vor Neidern und vor Hassern,
Wenn ich mich dabei deines Beistands freue. (Beide ab.)