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Aus »Anna Luise. Trauerspiel«.   Vers 63316 bis 63375

ZWEITER AUFZUG. VIERTE SZENE


Anna Luise, Edda, Rektor Astel in SS-Uniform.

ASTEL (tritt auf):
Heil Hitler, meine Damen, liebe Mieter,
Ich steh im Dienst beim Leiter dieses Gaues,
Der Endsieg naht, nur sorgt sich mein Gebieter,
Ums Frommen und Erhalten dieses Baues.
Sie wissen, daß die Schwarzburg völkisch wichtig
Als Mahnmal für die Frühzeit unsrer Rasse,
Darum ist jed Bemühen null und nichtig,
Daß Judengeist die Kostbarkeit verprasse.
Was die Systemzeit mauschelte und strickte,
Ist überwunden und wird aufgehoben.
Dankt Gott, daß er dem Volk den Führer schickte
Und hört nicht auf, sein weises Mühn zu loben.

ANNA LUISE: Was soll mir dieser Redeschwall bedeuten?
Auch stelln sich erstmal vor die meisten Seelen,
Wir sind es hier gewohnt von allen Leuten,
Daß man vorm Eintritt läßt sich erst empfehlen.

ASTEL: Frau Schwarzburg, nehm ich an, es ist Ihr Makel,
Wenn Sie nicht wissen, wer Ihn’ gibt die Ehre!
Dies schon bezeugt das ganze Schloß-Debakel,
Das ich jetzt in sein Gegenteil verkehre.
Sie meinen, mich die Höflichkeit zu lehren,
Und wissen nicht, daß es im Reich geboten,
Den Führer im Willkommensgruß zu ehren,
Jedoch das Pack hebt nichtmal seine Pfoten.

ANNA LUISE: Nun gut, wir machens kurz, ich bin am Gehen,
Was Euch zu sagen, sagt nur meinem Diener,
Ich denk, Ihr werdets schaffen, zu verstehen,
Daß ich Euch nicht noch Eure Stiefel wiener.

ASTEL: Am Gehn? Das trifft sich gut, Sie sollten packen,
Ich stell Ihn’ zur Verfügung einen Wagen,
Wenn hier die Ordonnanzen schlagn die Hacken,
Dann solln sie nicht den Judenmief ertragen.

ANNA LUISE: Mein Stammbaum streckt sich weit ins Mittelalter,
Wer meint, er könnt mir auf der Nase tanzen,
Den übergeb ich meinem Rechtsverwalter,
Der klagt erfolgreich durch die Reichsinstanzen.

EDDA: Luise, ich empfehl mich, unbegreiflich
Erscheinen mir die provokanten Worte,
Ich rat dir, prüfe deine Rede reiflich,
Ich suche mir ein Restaurant im Orte. (Ab.)

ASTEL: Nun ja, Frau Schwarzburg, immerhin gibts Leute,
Die deutsch verstehn und nicht riskiern den Kragen,
Ich dacht, nach Sondershausen ging es heute,
Und nicht zum Ettersberg, wo Buchen ragen.
Sie haben dieses Bauwerk zu verlassen,
Natürlich steht Ihn’ auch der Rechtsweg offen,
Doch weiß der Spatz, bei Ihren leeren Kassen
Ist da nicht Allerkleinstes zu erhoffen.

ANNA LUISE: Ich werde meinen Rechtsanwalt jetzt bitten,
Und vorher werd ich nichts zur Sache sagen,
Ich denke, höhern Orts wird dann gestritten,
Wer jüdisch sei und wer da braucht den Wagen.

ASTEL: Nun gut, verprozessiern S’ die letzten Bilder
In diesem Raum und Silber und Bestecke,
Doch wundern S’ nicht, wenn allerorten Schilder
Baustelle sagen und gesperrte Strecke.
Ich hätts Ihn’ gern erspart hier zuzuschauen,
Die Burg wird jetzt ein Gasthaus der Regierung,
Da ist so manchs in neuem Stil zu bauen,
Und aktualisiert wird die Verzierung. (Ab.)