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Aus »Erex saga. Parabel«.   Vers 61781 bis 61872

ERSTER AUFZUG. SECHSTE SZENE


Artus, Erec, später Enite, Guineneve und alles Gefolge.

ARTUS: Zwar meinen alle, daß ich weiterschliefe,
Doch bin ich wach und hör, was rings gesprochen,
Dies macht, weil ich in die Geheimarchive
Noch niemals als ein Tolpatsch bin gebrochen.

EREC: Mein König, solche Ränk mir zu vertrauen,
Ist unrecht, denn ich bin der Herrin Ritter,
Läßt mich der Gatte in die Karten schauen,
So wird mein Herz ein höchst verwirrter Zwitter.

ARTUS: Als Mann müßt ihr die Wesensart der Frauen
So nehmen wie sie ist nicht wie geträumet,
Wer schweigen lernt und auch genau zu schauen,
In jeder Welt zuletzt das Schlachtfeld räumet.
Drum hütet euch vor dürren Idealen,
Sie sind der Anfang aller Narreteien,
Wer tiefer schaut und dabei schont die Schalen,
Der wird mit sich auch seine Frau befreien.
Der Kluge erntet stets die reichsten Wunder,
Die sind ganz anders als der Schein des Neuen,
Der Narr jedoch verzehrt sich wie der Zunder,
Der nichts behält, um später sich zu freuen.

EREC: Vielleicht, daß älter ich die Weisheit spüre,
Jetzt stehe ich dem Reich des Zunders näher,
Geb Gott, daß ich dereinst ein Leben führe,
Das Eicheln ausstreut wie der Eichelhäher.

ARTUS: Bleibt offen für des Herrn geheime Winke,
Dann wird sich euer Walten trefflich fügen,
Und schließlich geben Genien sich die Klinke,
Denn Weisheit ist das Gegenteil vom Lügen.

EREC: Ich dachte grad, ich wäre heimgekommen,
Ihr aber hier verheißt mir große Fahrten,
Doch herzuziehn, bis Jugendkraft verglommen –
Steht nicht Gefahr, im Fernweh zu entarten?

ARTUS: Es gibt so viel Gefahrn wie Jahrestage,
Und Gnade ists, wenn wir uns nicht verlaufen,
Was einmal Nutz, das ist zum andern Plage,
Und um zu fahrn, ists nötig, zu verschnaufen.
Mein leichtes Wort will keinen Grübler machen,
Vertraut, daß ihr das Rechte werdet finden,
Doch sich zu wehrn und auch darob zu lachen,
Kann kein Gebot und keine Treu entbinden.
Seid wacker und gemach dem Unverhofften
Und folgt den Zeichen, die euch deutlich scheinen,
Wie Gottes Pläne sich für euch verstofften,
Darüber seid ihr uralt erst im reinen.
Glaubt niemals, eure Seelentiefe hätte
Nichts, was ihr habet längst bei Licht besehen,
Und euer Weib ist eines Weltwinds Stätte,
Und Boden manchen Samens aufzugehen.
Wer auslernt, ruft nur noch nach einem Schreiner
Der seinen Sarg mißt und ihn dann bescheidet,
Es sei gewiß der allerschönsten einer,
Daß jeder Tote ihn fortan beneidet.
Wer aber lernt, der hat um sich nicht Eiche,
Die Haut ist dünn und wund sind seine Lenden,
Und höchst verschieden von der schönen Leiche,
Kommt sein Gehäuse nie aus Meisterhänden.

EREC: Mein Vater sandte mich in diese Winde,
Um Sinn und Sitte Rittertums zu lernen,
Wenn ich mein Leben an Enite binde,
Mag ich mich länger nicht von ihm entfernen.
Er wartet sicher und er schaut nach Westen,
Kommt nicht der Sohn im Sonnenschein geritten,
Ich mein, es stünd im Herz mir nicht zum besten,
Wär mir egal, was er darum gelitten.
Drum will ich meine Braut zum Vater führen,
Die Jahre gehn, er wird wohl bald zum Greise,
Mein nächster Ritt will Heimaterde spüren,
Wie immer Gott gelegt hat meine Gleise.
Dort hab ich meinen Grund und meine Quellen,
Dort spricht der Bach die seltsamsten Geschichten,
Dort muß ich meine Weiser nicht erst stellen
Und meine Schritte täglich neu gewichten.

ARTUS: Dies ist vortrefflich. Aber schaut, es grüßen
Uns das Gefolge und die schönen Frauen,
Und von den Stunden, von den honigsüßen,
Ist eine die, wo wir dem Volke trauen.
Nun wird die Jagd von Hörnern abgeblasen,
Die Queen vertraut mir, wen ich ruf zum Kusse,
Und Blumen streun die Mädchen auf den Rasen,
Daß sanft wir uns berührn zum guten Schlusse.
Ich hab die Freudenfeuer schon gerochen,
Die Braten sollen schmoren, und die Fässer
Solln hergerollt sein und gleich angestochen,
Nach gutem Trunke rasch verlangts den Esser.
Wir müssen feiern, denn der Weisheit letzte
Ist Lob von allem, was der Herr uns machte,
Denn also überwältigt das Gesetzte,
Weil jeder seinen Teil der Ernte brachte.
Dies ist der Jäger und zuerst der Minner,
Denn Minne ist der Urgrund aller Werke,
Drum geh der frisch Verlobte und Beginner,
Daß er sich selbst und seine Gattin stärke.