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Aus »Erex saga. Parabel«.   Vers 61712 bis 61780

ERSTER AUFZUG. FÜNFTE SZENE


Erec, Enite, dann Iders und Guinevere.

EREC: Wer früher aufsteht, schafft so manche Meile,
Derweil die andern noch im Traume dämmern,
Und also ist der Mann erwählt vom Heile,
Der vor dem Wolfe ankommt bei den Lämmern.
Nicht weit mehr bis zur Burg, in dieser Aue
Traf mich der Zwerg, wie schauerlich und ferne,
Ich ging den Weg, weil ich nicht rückwärts schaue,
Und heute grade mit dem Morgensterne.

ENITE: Wenn er auch kurz, so laß uns etwas rasten
Im Grase hier, eh wir die Burg erklimmen,
Mir scheint, daß wir das Minneglück verpaßten,
Wenn wir uns so auf deine Herrin trimmen.

EREC: Ach fürchte nichts, sie wird dich sicher mögen,
Ihr guter Geist sandt mich zu deinem Vater,
Das hohe Schloß mit seinen stolzen Bögen
Macht dich zufrieden, wie der Herd den Kater.
Doch will ich etwas bleiben zu betrachten
Die Schöne, die mir fast wie zugeflogen,
Den Genien, die an deiner Wiege wachten,
War ganz gewiß der Höchste sehr gewogen.

ENITE: Du hast gekämpft, gestritten wie ein Tiger.
War dies um mich? Ich kann es gar nicht glauben.
Mein Vater wußt, er brachte mich dem Sieger.
Der innern Stimme traut er wie die Tauben.

IDERS (tritt mit der Königin auf):
Ich hört sie gleich, o Herrin meiner Schande,
Nun sagt: Hab ich zu Unrecht euch gewecket?
Der Blutzoll hinterläßt die stärksten Bande,
Sogar im Traum in mir der Stachel stecket.

GUINEVERE: Ich grüße Erec hell in früher Stunde,
Eur Bote brachte Frohsinn in die Herzen.

EREC: Der Platz am Bach ist seltsam uns im Bunde,
Vielleicht, ein Geist, der wagt mit uns zu scherzen.
So seid gegrüßt, ich hab mit euerm Segen,
Die Frau errungen, die es ohne Zagen
Gewagt, das Herz auf dieses Schwert zu legen,
Für sie und euch will ich noch alles wagen.

GUINEVERE: Koralus’ Tochter scheint nicht zu vergleichen,
Zwar Iders Mädchen hat sie angedeutet,
Nun will ich eine Mutterhand ihr reichen,
Der König hat den größten Hirsch erbeutet.
Ich sag das, weil damit das Recht verbunden,
Die schönste Maid im ganzen Land zu küssen.
Bedeutet dies für deine Seele Wunden,
Wirst du recht rasch das Land verlassen müssen.

EREC: Was sagt ihr, Königin, zu diesem Brauche?
Wenn ihr ihn gutheißt, taugt er mir zur Ehre,
Auch wenn ich ein paar Tage untertauche,
Bleibts, daß ich nichts als Dienst für euch begehre.

GUINEVERE: Ich halt es für den eitlen Sinn des Gecken,
Die Bräuche, die jahrhundertalt, zu schelten,
Des Königs Tun gehorcht nicht niedern Zwecken,
Und darum hat er jedes Recht der Welten.

EREC: Und du, Enite? Ist des Königs Lippe
Der Jungfrau schändlich, daß wir sollten fliehen?
Ich weiß, der Herr schuf dich aus meiner Rippe,
Doch auch, die Frage hast du schon verziehen.

ENITE: Mein edler Recke, der mit Todverachtung
Dem Stärksten trotzte, nur um mich zu preisen,
Ich stünde wohl in eines Wahns Umnachtung,
Würd ich die kleine Geste von mir weisen.

GUINEVERE: Nun gut. Doch rasch, bevor der König munter:
Die Kleider sind zerlumpt und ohne Würde,
Ich geb euch etwas drüber, etwas drunter
Und merze aus euch jede Armutsbürde.
Genug ist da für Würdige auf Reisen,
Ich wähle selbst, wie euch bedeckt die Zofe,
Dann wird nicht nur der König auf euch weisen,
Denn schönste seid gewißlich ihr am Hofe.
(Mit Enite ab.)