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Aus »Erex saga. Parabel«.   Vers 61464 bis 61555

ERSTER AUFZUG. ZWEITE SZENE


Guinevere, Elaine, Pelleas.

GUINEVERE (mit Elaine auftretend):
Die Rotwildjagd beschäftigt uns seit Tagen,
Als hätten wir noch Wand frei für Trophäen,
Mir scheint, als wolle sich die Runde plagen,
Die Hirschgeweihe dieses Lands zu mähen.
Der Gatte schläft im Wald bei seinen Rittern,
Die Burg faßt nur noch Alter und Gebrechen,
Ich fühl mich wie ein Vogel hinter Gittern,
Ich leide lieber Würfelspiel und Zechen.

ELAINE: Seht dort, Pelleas, naht sich aus dem Osten,
Vielleicht weiß er von Erec zu berichten,
Ich lade ihn, von unserm Wein zu kosten,
Dann wird sich die Erinnerung ihm lichten.

GUINEVERE: So bitte, daß wir kurzerhand erfahren,
Der hehre Strauß sei furchtbar schiefgegangen.

ELAINE: O nein, er wird uns herrlich offenbaren,
Daß große Taten unserm Held gelangen.

PELLEAS: Gott schütze unsre Königin und mache
Daß stets sie bleib so jung und froh zu schauen.

GUINEVERE: Willkommen froher Held am Zweifelsbache,
Wir rasten hier und freuen uns der Auen.

PELLEAS: Gefährlich ists so fern von dem Palaste.
Gibts keinen Ritter, der die Fraun begleitet?

GUINEVERE: Ja, Erec mit der scharlachroten Quaste
Hat unsern Zug durch Wald und Feld geleitet.
Doch leider hat ein Winzling sich erdreistet,
Dem jungen Herrn die Wange zu beschmutzen,
Weshalb er einen Waffengang sich leistet,
Ich denk, die Kunde ist zu euch gedrungen.

PELLEAS: O ja, ich hörte manches von der Sache,
Ein stolzer Ritter ist der Herr des Zwergen,
Gefährlich, daß man ihn zum Feind sich mache,
So spricht man hier und hinter sieben Bergen.
Sein Name Iders steht für forsches Reiten,
Genaue Lanzen und die Wucht im Schlagen,
Seit Jahren will, mit seinem Sinn zu streiten,
Landauf landab noch kaum ein Heißsporn wagen.
Der Herzog von Tulmein setzt einen Sperber
Als Schönheitspreis der Freundin einem Tjoste,
In diesem Jahr man dacht gäbs keinen Werber,
Ein solcher wär auch sicher nicht bei Troste.
Schon zweimal ging an Iders die Trophäe,
Im dritten Jahr soll er sie ganz behalten,
Jedoch nun hört, daß Erec in die Nähe
Hat sich gewagt, um eines Kampfs zu walten.
Der währt nun schon den zweiten Tag verbissen,
Und Tod und Leben um die Herrschaft streiten,
Die Lanzen und die Schilde, die verschlissen,
Sie sind ein Berg, recht lang darumzureiten.
Zur Stunde ist der Ausgang völlig offen,
Erschöpfung, Ruhe und dann neues Wüten,
Wer solche Schlacht noch niemals angetroffen,
Der meint, dies gäbs in Märn nur oder Mythen.
Drum seid bereit für alles Wohl und Wehe,
Was auch geschieht, wir werden es erfahren.

GUINEVERE: Was ihr da sagt, wie ichs auch wend und drehe,
Die Zweifel mehren sich zu dichten Scharen.
Herr Erec will den Schönheitspreis erfechten?
Soweit ich weiß, hat er der Freundin keine.

PELLEAS: Grad wie um hier den Handlungsstrang zu flechten,
Gab hier Koralus, den ich traf, das seine.
Der Edelmann, verarmt durch böse Ränke,
Nahm Erec auf und sahs als Gottes Winken,
Daß er ihm seine holde Tochter schenke,
Und Waffen, die wie frisch geschmiedet blinken.
So fügte sich, daß jäh der Unbehauste
Zum Fordrer ward, zur Spannung im Turniere,
Doch wie das Glück an seine Seite sauste,
Mags sein, daß er es ebenschnell verliere.

GUINEVERE: So ist es also wahr, daß unerschrocken
Der Junge kämpft um die beschämte Milde,
Und während wir im Frühlingsflöten hocken,
Strömt harter Schweiß ins Wappenblech der Schilde.

PELLEAS: Darüberhin, es häufen sich die Wunden,
Wird ohne Gnade bis zum Schluß gefochten,
Die Hölle weiß, was gestern sie geschunden,
Eh heute neu die Streiterpulse pochten.

GUINEVERE: Das hochgemute Messen im Turniere
Ist edle Kunst und dient dem Lob der Frauen,
Doch wird der Streit zum Wüten wilder Tiere,
So ist er ganz erbärmlich anzuschauen.
Er wird zum blanken Hohn auf Hof und Sitte
Und nimmt dem Adel Recht und Sinn zu dauern.
Verläßt das Gottesgnadentum die Mitte,
Die Späteren ein totes Reich betrauern.

PELLEAS: Räumt ein, o Herrin, daß vom Waffenspiele
Den Glaubensstreit oft trennt nur eine Elle,
Der Herr allein weiß die geheimen Ziele,
Und kennt die Dauer wie das Allzuschnelle.

ELAINE: So laßt uns beten, daß in diesem Falle
Sich alles füg, wie es zu Wohl und Sitte,
Und uns vertraun, daß unsre Schritte alle
Der Heiland lenkt, der stets in unsrer Mitte.