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Aus »Erex saga. Parabel«.   Vers 61372 bis 61463

ERSTER AUFZUG. ERSTE SZENE


In Wald von Karadigan.


Guinevere, Elaine, Erec, Maliclisier, ein Mädchen.

GUINEVERE: Ihr seid so still, Herr Erec, und ich glaube,
Ihr trauert, und der Grund ist leicht zu wissen,
Des Waidmanns Heil, das ich dem Jäger raube,
Schafft euch Verdruß und plagt mir das Gewissen.

EREC: O nein, die Freuden all in Wald und Heide
Erscheinen mir als Stein in einer Kirsche,
Denn schon allein der Duft von euerm Kleide
Ist holder als der herrlichste der Hirsche.
Was mich betrübt, das ist allein die Schande,
Daß ich so wenig tat, um euch zu frommen,
Drum streift mein Blick mit Ungeduld die Lande,
Es möge meine große Stunde kommen.

GUINEVERE (lacht):
Der Frühling, der euch neckt in allen Gliedern,
Meint wohl, ihr solltet eine Dame wählen,
Die frei ist, einen Reiter zu befiedern,
Der mögt ihr euern Minneleich erzählen.

EREC (betont ernst):
O Königin, nicht Leichtsinn spannt den Bogen
Der Jugend, die mir allzu unbefochten,
Ein Staubkorn bin ich gern und zugeflogen,
Wenn größere das Herz mir unterjochten.
Die Räusche, drin das Volk die Nacht verkleckert,
Erscheinen mir nicht wert, sie zu erwähnen,
Grad wie die Ziege auf der Weide meckert,
Tun jene, die verwechseln sich mit Schwänen.
Ich will nicht schlürfen, wo das ganz Sublime
Viel holder weiß, daß alle Gnade Dienen,
Der Christ sucht nicht die Wollust der Muslime,
Er sing am großen Wasser Melusinen.

GUINEVERE (deutet in die Ferne):
Es ist schon recht, doch seht ihr dort im Grunde,
Dort bei dem Zwergen stehn die junge Dame?
Sie ist so schön, ein Stern in dieser Stunde,
Ich wüßte allzugerne, wie ihr Name.

EREC: Ich will gleich reiten und den Zwerg befragen,
Befehl ist mir der Wunsch in euerm Sinne,
Unkenntnis soll euch länger nicht benagen,
Drum will ich sehn, daß Kunde ich gewinne.

GUINEVERE: Nein, junger Herr, ich habe keine Nöte
Daß euer Schlachtroß sich dazu bemühte,
Daß meine Zofe ihren Gruß entböte,
Scheint passender zu dieser Märzenblüte.
Darum Elaine, geht in dieses Lager
Und fragt den Zwergen, wer des Mädchens Ritter.
Gewißlich ist nicht fern der junge Wager,
Und meine Neugier seinem Stolz nicht bitter.
(Elaine geht zu dem Zwerg mit dem Mädchen.)

ELAINE (zu Maliclisier):
Bei Gott, ich grüß euch freundlich und bescheiden,
Ihr dient gewißlich einem großen Helden,
Des Mädchens Schönheit viele Fraun beneiden,
Ich möcht den Namen meiner Herrin melden.

MALICLISIER: Verschwinde bloß du unverschämte Dirne!
Daß dir die Lust vergeh herumzuschwätzen,
Trag dieses Zeichen an der Torenstirne
Und säum nicht, deiner Herrin das zu petzen.
(Er schlägt die Zofe mit der Peitsche.)

EREC (läuft zu Fuß in die Szene):
Was tut ihr da? Das arme Kind zu schlagen,
Ist bös. Sie sprach euch höflich und gesittet.
Was geht ihr einem Mädchen an den Kragen,
Und noch dazu wenns freundlich grüßt und bittet?

MELICLISER: Du Tölpel sollst sogleich ihr Schicksal teilen
Wie ihre Blödheit und ihr freches Gucken!
Ich hoff, ihr werdet dann zum Teufel eilen,
Daß mir nicht wag ein Dritter aufzumucken.
(Er versetzt Erec ebenfalls einen Hieb.)

EREC (weicht zurück, für sich):
Es wäre höchlich unklug sich zu schlagen,
Ich hab kein Schwert und bin ganz ungerüstet,
Es frommt allein dem Torn, sofort zu wagen,
Was seinem Stolz und seinem Grimm gelüstet.
(geht mit dem Mädchen zur Königin zurück.)
Es wäre unnütz, wenn ich frech bestritte,
Was euren Augen hat sich dargeboten,
In eurer und in eurer Damen Mitte
Hat man mich um die Ritterehr betrogen.
Ich bin vernichtet und die heiße Wunde,
Verlangt sofort mir Waffen zu verschaffen,
Darum entlaßt mich noch in dieser Stunde,
Erlaubt dem Knecht, sich zornig aufzuraffen.
Eh ich den Ritter dieses Zwergs nicht fegte
Vom Pferd und also schlug mit meinem Schwerte,
Erlaubt der Schatten, der sich auf mich legte,
Nicht daß ich irgendetwas sonst begehrte.
Eh ich nicht wiederfand zu meiner Ehre,
Kann ich kein Stückchen Brot am Hofe kauen
Darum erlaubt, daß ich mich ehrbar wehre
Und ihn verfolg und jag in allen Gauen.

GUINEVERE: Mir ist nicht wohl, euch ohn Verzug zu lassen,
Allein ich kann die Bitte nicht versagen,
Mag sie auch nicht in meine Hoffnung passen,
Niemand verwehrt Entehrten sich zu schlagen.
Gott wollte, daß der Frieden dieser Stille
Höchst unverhofft sich wandle zu Gefahren,
Nicht unserm Plane fügt sich dieser Wille,
Obgleich wir ohne Arg und Jähzorn waren.
So zieht, doch kehret wieder mit dem Monde
Zur Tafel in den wohlbewehrten Mauern,
Wenn euch das Glück in dieser Frist nicht lohnte,
So werd ich mit dem ganzen Hofstaat trauern.
(Alle ab.)