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Aus »Erex saga. Parabel«.   Vers 62329 bis 62392

DRITTER AUFZUG. DRITTE SZENE


Artus, Guinevere, Iders.

GUINEVERE (erwachend):
War ichs nicht, die dem jungen Recken sagte,
Die Augenschöne sei ein Schmuck der Ehre,
Und wars mein Zwinkern nicht, das ihn so plagte,
Gemeinsam mit dem Giftpfeil dieser Lehre.
Ich hör den Brunnen plätschernd mir verraten,
Im Schlosse gingen viele Mädchen tanzen,
Und eines wagt sich sprachlos an die Taten,
Weil ich ihm nahm die Lumpen und die Fransen.
O weh! sie kann den Born allein erwecken,
Der strömt sich fort in einem holden Paare,
Ob Träume oder Tage uns verstecken,
Ob eins das andre trag und offenbare,
Das fragt nicht mehr, wer Minne fand als Weiser
Im dunkeln wie im hellen Abenteuer,
Denn alle Wasser werden leis und leiser,
Entbehren sie das Gegenstück, das Feuer.

ARTUS: Die Minne mag es heimlich und bedächtig,
Zuviel des Lichts bedeutet Langeweile,
Drum niemals mit dem Aberglauben recht ich,
Er fügt vortrefflich die getrennten Teile.
Ist Minne Wahn, so muß sie wahnhaft walten,
Erhellt sie uns, so darf sie herrlich lohen,
Jedoch sie wird gewißlich bald erkalten,
Willst Nacht mit Tag und umgekehrt bedrohen.
Laß das Geheimnis, laß das Offenkunde,
Gleichsam am eignen Widerspruch sich laben,
Dann wirst du den Verfall und das Gesunde
Im gleichen Spiegel als dich selber haben.

IDERS: Im Tanz der Körper suchen sich die Seelen
Und in dem Spiele sind wir die Statisten,
Grad gut für jene, die sich uns verhehlen,
Den Haushalt der Gefühle auszumisten.
Und was der Dichter ausdehnt manche Szene,
Ist vielleicht nur der Schwirrflug einer Motte,
Das Herz braucht beides wohl: Arterie, Vene,
Und Hell und Dunkel dienen einem Gotte.
Im Stück des Lebens scheint uns manches weise
Und andres töricht beigemischt dem Glanze,
Doch fährt dies Buch auf einem Doppelgleise
Und seine Botschaft lautet: Such das Ganze.

ARTUS: Der Schloßherr Mabonagrin lebt im Wahne,
Ihm sei das Glück der Minne ganz verwehret,
Er kann es nicht erkennen, und ich ahne,
Daß zuviel Wissen ihm die Schau verwehret.
Und Erec ist der Tor des Augenscheines,
Was jenem fehlt, ist diesem überzogen,
Drum gibt ein Ausgleich jedem Teile eines,
Eins sei am anderen zurechtgebogen.

GUINEVERE: Der unerhörten Stummheit der Enite
Gesellt sich Erecs Furcht, das Herz zu zeigen.
Ein Mann verwehrt der Frau, daß sie sich biete,
Der andre heißt die seine stets zu schweigen.
So schützen beide sich vor ihrem Mahren,
Jedoch die Fraun sind freier nicht vom Banne,
Sie spieln das Spiel, das trefflich eingefahren,
Und trösten sich, das Wollen läg beim Manne.
Doch Manneswille, dem die Frau gefügig,
Verwechselt bald den Willen mit der Pose,
Doch widerspräch die Frau dem Ritus zügig,
So mischten sich zu neuem Glück die Lose.
Darum bedenkt, daß Minne nicht erstarre
Im Vorwand, daß erkannt sei das Bewährte,
Nicht tatenlos des hohen Glückes harre,
Das immer nur im Wollen wiederkehrte.
(Vorhang fällt.)