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Aus »Der arme Heinrich. Miraculum«.   Vers 60273 bis 60336

ERSTER AUFZUG. VIERTE SZENE


Heinrich, Salernus.

SALERNUS: Dem Wohl des Herrn, der unsre Kunst gerufen,
Sei heut der Tag der allerschönsten Wende,
Erklommen hat die Müh die höchsten Stufen,
Nun bring ich das ersehnte Werk zuende.

HEINRICH: Der Tag ist ähnlich hell wie jener Morgen,
Als Konrad ritt, und auf der Stirn die Runzel,
Mir raunten in der Nacht die schwersten Sorgen,
Ich stieg am Haar, jedoch nicht zu Rapunzel.
Die Hexe Gothel stieß mit Hohn und Häme
Mein Augenlicht ins Dornicht, es zu nachten,
Und daß ich mich in meinem Aussatz schäme,
Reicht nicht ans Leid, das solche Wunden brachten.

SALERNUS: Vertraut, ich bin in aller Kunst erfahren,
Es schlossen Jud und Rom und Sarazene
Den Pakt, verstreuten Weisheitssinn zu scharen,
Daß uns das Hirn vertraut sei wie die Vene.
Wir kennen das Gebräu der scharfen Säfte,
Uns schreckt nicht des Vulkans geballtes Fauchen,
Wir bündeln Licht und alle Lebenskräfte
So gut, daß wir uns nicht den Fuß verstauchen.
Schaut an, wie reinlich blinkts in den Laboren,
Nicht speckig wie der Pfuhl der Dilettanten,
Wir bannen alle Krätze in den Foren,
Daß die Olympier wurden zu Verwandten.
Erkenntnis fühlt aus allem dumpfen Schmachten,
Das Schicksal, ein Gespenst, zog vom Kamine,
Was wir ersannen und zur Klarheit brachten,
Entschlackt nun einer freiern Menschheit diene.
Die Finsternis und banges Nägelkauen
Ist uns verhaßt, wir wollens hell und reinlich,
Und Schritt für Schritt vertreiben wir das Grauen,
Dies ward sogar dem Klerus augenscheinlich.

HEINRICH: Ist Christ nicht feind, wenn alle Demut löste
Der forsche Griff ins Dunkle und Geheime?
Trägt nicht wie Babel jeder Schritt ins Größte
Zum frevlerischen Übermut die Keime?

SALERNUS: Der Heilge Thomas hat herausgefunden,
Daß Gott dem Menschen hat Vernunft gegeben,
Daß er sie nutze wider Schmerz und Wunden,
So ist Vernunft das Innerste im Leben.
Gott mischt sich nicht mehr ein in die Geschichte,
Seit ihn der Mensch in solcher Weis verstanden,
Kein Schwefelregen macht die Stadt zunichte,
Wo sich Vernunft und Redlichkeit verbanden.
Weiß wies Labor, die Salben und die Linnen,
Ist die Magie, die nicht wie Hexenringe
Versucht des Mondes Anusschleim zu minnen,
Daß Dunkelheit sie bald darauf verschlinge.
Wir setzen nicht auf Heuchelei und Ränke,
Wir klären auf und leuchten in die Grotte,
Setzt so der Mensch sich auf die Sonnenbänke,
Wird die Vernunft zum eigentlichen Gotte.

HEINRICH: Ich hab das nicht in jeder Weis verstanden,
Auch ist mein Bangen innerst nicht geschwunden,
Doch seid ihr so berühmt in vielen Landen,
Daß ich wohl hoffen dürfte zu gesunden.

SALERNUS: Seid ohne Sorg, wie alles hier vom Feinsten,
Die Möbel, Instrumente und das Wissen,
Sind eure Wangen bald die Allerreinsten,
Und schöne Frauen werden nichts vermissen.
Ich geh ans Werk, denn ohne Scham und Säumen
Vollbringt der Arzt den Schnitt, der alles rettet,
Wir brauchen die Vollendung nicht zu träumen,
Ist unser Geist nicht mehr durch Furcht gekettet. (Ab.)