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Aus »Der arme Heinrich. Miraculum«.   Vers 60221 bis 60272

ERSTER AUFZUG. DRITTE SZENE


Margarete, Heinrich.

HEINRICH: Gelobt sei Gott! Ein wunderbarer Morgen,
Vorbei die Nacht mit Zweifel und mit Bangen,
Die Lerche sagt uns nichts von Gram und Sorgen
Und möglich scheints, das Hehrste zu erlangen.

MARGARETE: Wie schön, daß ihr so frisch und ausgeschlafen,
Ihr habt wohl Grund, den Morgen hochzuschätzen,
Der Konrad ritt im Kleide eines Grafen,
Die Mähre sprang mit Himmelsstürmer-Sätzen.

HEINRICH (unwillig):
Vom Arzt zu sprechen, mahnt mich an das Leiden,
Das wähnte ich gelassen in der Decke,
Nun kehrt es als das Bundesband uns beiden,
Daß ich es wieder scharf im Munde schmecke.

MARGARETE: Seid traurig nicht, es ist bald ausgestanden,
Ihr werdet wieder prinzlich sein und heiter,
Und kam euch erst der Prüfungsschmerz abhanden,
Fragt niemand mehr nach eurer Jugend weiter.
Ich aber, der kein Erdenlos geworfen,
Das mich verpflichtet wie den holden Prinzen,
Mag unerinnert unter Stein verschorfen,
Wenn sich am Weiher langsam bräunt der Binsen.

HEINRICH: Das Wunder, das die Ärzte mir verprechen,
Es will mir nicht in reinsten Farben leuchten,
Fast scheint es mir, als kröche ein Verbrechen
In meine Seele mit dem Dunkelfeuchten.

MARGARETE: Das glaub ich nicht. Es ist doch Gottes Wille,
Daß Niedres fall und sich das Hohe recke,
Was immer gilt, wenn auch in aller Stille,
Bringt ebenso das Dienende zur Strecke.

HEINRICH: Dies zugegeben, wenn es sich natürlich
Vollzieht in einem großen Spinnennetze,
Doch es erscheint dem Menschen ungebührlich,
Erkühnt er sich, daß er die Zeichen setze.

MARGARETE: Ihr irrt euch. Nicht ein frevles Überheben
Vollzieht uns das Miraculum des Heiles,
Das Land verlangt, der Erbe solls erleben,
Und denkt nicht an die Größe meines Teiles.
Daß ihr in diese Wirtschaft kamt geschritten,
War doch ein Wink, nicht etwa böse Listen,
Und daß ich selbst vom Lichte abgeschnitten,
Beweist genug des Herrn verfügte Fristen.

HEINRICH: Wenn wir die Zeichen unsres Herrgotts deuten,
So streiten selbst in Rom die Kardinäle,
Und was dann fraglos bleibt den Kirchenleuten,
Weht blanken Hohn in unsre Rittersäle.
So ringen Papst und Kaiser um die Rechte,
Und Ost und West, und Ackerland und Städte,
Und besser scheints, eh man den Zank entflechte,
Daß man den Himmel nicht gedeutet hätte.

MARGARETE: Nur selten ist das Wort des Herrn der Welten,
So klar wie hier, drum meidet die Bedenken,
Ihr werdet unserm Land noch groß entgelten,
Was euerm Mut die kleinen Leute schenken.
(Beide ab. Es wird ganz finster und wieder hell.)