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Aus »Der arme Heinrich. Miraculum«.   Vers 60181 bis 60220

ERSTER AUFZUG. ZWEITE SZENE


Wulf, Margarete.

MARGARETE (schleppt einen Eimer Wasser):
Dem Herrn sei Ehr, Gesundheit dem Herrn Meier!
Ist Konrad fort? Der stumme Peter nickte.
Mir scheint, der Himmel rüstet sich zur Feier,
Da er mir meine große Stunde schickte.

WULF: Jawohl, er ist grad eben pfeilgeschwinde
Zum Doktor nach Salerno aufgebrochen,
Nur Wochen noch, dann fällt die trübe Binde,
Ich denk, es wird, wie alles abgesprochen.

MARGARETE: Ein guter Tag, bei mir brauchts kein Gegängel.
Ein heller Tag, so sagen mirs die Schwalben.
Wer etwas weiß vom ganzen Glück der Engel,
Der will nichts mehr vom irdischen und halben.

WULF: Der Himmel lacht im höchsten Wohlgefallen,
Auch wenn der Pfaff in unserm Dorf im Scheine
Der Sonne weiß die Fäuste nur zu ballen,
Denn seine Weisheit endet stets im Weine.

MARGARETE: Er ist ein Kleingeist, der die großen Wunder
Des Heilands deutet wie die Spinnerinnen,
Er sinnt ums Rad und hofft, es liefe runder,
Die kleinste Münze sucht er zu gewinnen.
Ich denke, selbst im Heil, im Paradiese
Fänd er nicht Äpfel, sondern Preiselbeeren,
Ihn schauderts, daß ein Engel ihn erkiese,
So spricht der Kern der Erbsenzähler-Lehren.

WULF: Ein Ärgernis seh ich in dem Stupiden,
Sein Heiland trägt das Kreuz nicht, ehr die Windel,
Der Sinn fürs Opfer ist ihm nicht beschieden,
Ochs, Esel spricht sein Herz und Krippenkindel.
Doch ist die Kirche mehr als Dorf und Pfaffe,
Die Schrift ist nicht als Ammensinn zu deuten,
Damit der Mensch das Wandlungswunder schaffe,
Muß sich die Schlange manche Male häuten.

MARGARETE: Wir wollen beten, daß auch ihn erwecke
Die Botschaft, die uns loht im Himmelszelte,
Daß er nicht mehr den Finger nach uns strecke,
Und auch die Mutter nicht mehr böse schelte.

WULF (holt eine Münze aus der Hosentasche):
Fürs erste gib Frau Marten diesen Gulden
Und sag ihr Dank für deine gute Seele,
Wir wissen stets, was wir ihr alles schulden,
Und suchen, was zur ganzen Tilgung fehle.
(Ab. Margarete gießt das Wasser in eine Wanne.)