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Aus »Der arme Heinrich. Miraculum«.   Vers 61026 bis 61089

DRITTER AUFZUG. VIERTE SZENE


Heinrich, Margarete, Martha.

MARTHA: Was findet ihr an den Versteckensspielen?
Ein Glück, der Priester kam vorbeizuschauen.
Er widmet sich Verpflichtungen gar vielen,
Doch kommt er bald, das junge Paar zu trauen.

HEINRICH: O weh, der Vater wird es nicht ertragen,
Daß ich getraut so abseits seiner Halle,
Er wird mal wieder von dem Bruder sagen,
Der hab gebastelt diese böse Falle.

MARTHA: Der Priester uns erledigt diese Dinge,
Derweil er meint, es sei von Gott beschlossen,
Erhofft, daß ihm das Kunststück wohl gelinge,
Und liebt euch währenddessen unverdrossen.

MARGARETE: Ja lebenslang geliebt an deiner Seite?
Ich bin ein Mädchen von geringem Stande,
Ich fürchte doch, es kommt zu bösem Streite,
Wenn du der Graf bist irgendwann im Lande.

MARTHA: Um deine Herkunft mach dir keine Sorgen,
Mir sind die Lippen da zwar fest verschlossen,
Doch möglich ists, daß du erführst bis morgen,
Daß du geborn auf deutlich höhern Sprossen.

HEINREICH: Ach Grete, dies ist alles null und nichtig,
Wir sind von Gott getraut bis zum Gerichte,
Das Herz allein erkennt die Dinge richtig.
Was kümmert uns die äußere Geschichte?

MARGARETE: Ich wills ja glauben wider alle Regel!
Ich sehe und ich schau den schönsten Helden!
Hochwasser im Gefühl sagt mir der Pegel,
Hochzeit die Glocken weithin schwingend melden.
(Sie fällt Heinrich um den Hals.)

MARTHA: Ich geh derweil ein bißchen in den Garten,
Zu lange steh ich säumig schon im Zimmer,
Das Unkraut läßt gewiß nicht auf sich warten,
Und Arbeit ruft die Müßige doch immer. (Ab.)

MARGARETE: Ich hab mein Kleid für diese unsre Stunde
Wohl fertig und ich möchte es dir zeigen,
Daß du erkennst, daß ich bereit zum Bunde,
In welchem ich mit Haut und Haar dein eigen.

HEINRICH: O Grete, ach, mir schwinden fast die Sinne,
Denk nur, ich darbte gestern voll Verzagen,
Doch glaube mir, was ich mit dir beginne,
Das wird uns weiter als der Westwind tragen.
Der Mond, der lugte aus der fetten Wolke,
Er sahs zuerst und wurde sonnengelber.
Ich möcht es rufen, laut und allem Volke,
Damit es mir begreiflich würde selber.
(Margarete ab, Pause, dann stiller)
Was sind das doch für seltsam tiefe Wogen,
Die uns erheben und, wer weiß es, stürzen.
Doch selbst wenn überdehnt zerbräch der Bogen,
Ich würde meine Spannkraft niemals kürzen.
Ich war mir nie so sicher im Betonen,
Daß diese Wahl die rechte und gemäße,
Allein in diesem Herzen will ich wohnen,
Und ohne Reiz sind andere Gefäße.

MARGARETE (kommt im Brautkleid):
Nun schau mein Ritter, ob ich dir gefalle,
Ob du dich schämen müßtest vor den deinen,
Ich ständ viel lieber auf der Burg, dem Walle,
Dort könnt ich dir als Traumgesicht erscheinen.

HEINREICH: Die hohe Minne braucht nicht Requisiten,
Doch dieses Kleid, aus Feenstaub gewoben,
Hätt mich, wär ichs nicht ohnehin, erstritten
Und jedem Maß der Sterblichkeit enthoben.
Am Anfang standen brunnenhelle Töne,
Dann folgten Wunder, immer wieder Wunder!
Der Tag beweist, das Gute ist das Schöne,
Und nichts der Liebe ähnelt als Gesunder!
(Er hebt sie auf und trägt sie im Kreise.)