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Aus »Engelhard. Treuepistel«. Vers 59838 bis 59890 DRITTER AUFZUG. DRITTE SZENE Engelhard, Merlin, Rhydian. RHYDIAN: Was soll ich hier? Wer, König, ist der Dunkle? ENGELHARD: O nennt ihn mein Gewissen, meine Beichte Enthält nichts, was ihm könnt verborgen bleiben. Weil keine Kunst dem Inhalt schüfe Leichte, Will ich auch im Vorab kein Süßholz reiben. Herr Rhydian, eure Hand ward abgeschlagen Betrügerisch in einem Schein-Gerichte, Nicht ich persönlich ging euch an den Kragen, Mein Bruder wars von selbem Angesichte. RHYDIAN: Was ändert dies? Der König ist gestorben. Ich selber wußte immer, wer betrogen. Und mit der Macht habt ihr das Recht erworben, Daß es egal, was früher ihr gelogen. ENGELHARD: Ja für die Welt, doch nicht vor Gott, dem Richter. RHYDIAN: Das habt ihr mit ihm selber auszumachen. Die Kirche lehrt, daß lachende Gesichter Dort oftmals alles andre tun als lachen. ENGELHARD: Sagt, wollt ihr meinem Bruder es vergeben, Daß er euch so verstümmelt und verstoßen. RHYDIAN: Als Christ ists Pflicht, von Rachsucht frei zu leben, Vergebung kleinen Feinden wie den großen. ENGELHARD: Wollt ihr den Bruder mit dem Armstumpf streifen, Daß er vom Aussatz im Gesicht gesunde? RHYDIAN: Mein König, es fällt schwer euch zu begreifen, Kein öffentliches Gut ist meine Wunde. Ihr könnt befehlen alles Menschgemäße, Mich mahnen, daß ich folg dem Menschensohne, Daß aber magisch Heilkraft ich besäße, Ist, wenn es stimmt, kein Eigentum der Krone. Ich will von solchen Kräften gar nichts wissen Und muß ein Ritual bestimmt verweigern, Deß Zweck, dem Torn, der Lebenslust entrissen, Die Lächerlichkeit weiter noch zu steigern. MERLIN: Der König bietet seinen Thron als Sühne. RHYDIAN: Hat es der König nötig, mich zu narren? MERLIN: Wir richten an der Hude euch die Bühne Für alle, die im Volk der Wahrheit harren. RHYDIAN: Was biete ich als unbestrittne Zeichen? MERLIN: Die beiden Brüder sind da anzuschauen, Und man begreift, weil sie einander gleichen, Der Falsche durfte Rhydian niederhauen. RHYDIAN: Und welches ist der Haken an der Sache? MERLIN: Der Bruder muß geheilt sein, Stirn und Wangen, Erlauben nicht, daß man ein Bild sich mache. RHYDIAN: Wie wird das also alles angefangen? MERLIN: Ich ruf den Bruder her und laß dann beide Beeiden, daß sie öffentlich dir fronen, Sofern vor deinem Gruß der Aussatz scheide, Das Volk wirds dir mit Königswürde lohnen. RHYDIAN: Kann sein, kann nicht sein. Gut, ich wills versuchen. Ruft jenen her, der mich so arg gepeinigt, Jedoch bedenkt: Wer segnet, kann auch fluchen. MERLIN: Es ist die Zeit. Die Brüder sein vereinigt. |