Willkommen

Lebenslauf

Aktuell

Werke

Publikationen

Audio

Leserstimmen

Besucherbuch

Impressum
 
vorige Szene nächste Szene

Aus »Engelhard. Treuepistel«.   Vers 59891 bis 59966

DRITTER AUFZUG. VIERTE SZENE


Dietrich tritt auf mit verhängtem Gesicht.

ENGELHARD: Verzeih mir, daß mit frevlerischem Sinnen
Ich dir Gesundheit und Gestalt verhehret,
Kein Opfer ist zu groß, es zu beginnen,
Daß dir geheilt die Lebensfreude kehret.

DIETRICH: O weh! Du warst verzweifelt im Begriffe,
Auf die für dich Bestimmte zu verzichten,
Der Wind der Minne lenkt die größten Schiffe
Und schreibt den Dichtern aller Zeit Geschichten.
Hätt ich dich in der ärgsten Not verlassen,
Wär bittrer als der Preis, den ich entgelte,
Seit mich die Menschen meiner Heimat hassen,
Ist wohl mir, wenn der Rabe krächzt vorm Zelte.

MERLIN: Herr Rhydian, den im ungerechten Streite
Du niederschlugst, will deine Tat vergeben,
Stehst du dem Bruder beim Gericht zur Seite
Und willst mit ihm die Hand vor Zeugen heben.

DIE BRÜDER: Wir sagen beide vor dem Auge Gottes,
Daß wir gefrevelt an dem Menschenrechte,
Im Gotteskampf erfrechten wir uns Spottes,
Verkehrten im Betruge alles Echte.
Wir wollen weiter freierlich beschwören,
Daß wir mit Leib und Leben Rhydian fronen,
Wird seinen Frühspruch Gottes Gnad erhören
Und den Entsühnten im Gesicht belohnen.

RHYDIAN: Es lastet hart, die Schandtat zu vergeben,
Solls ehrlich sein und nicht als falscher Handel,
Ich räume ein, die Worte mich bewegen
Und echt erscheinen Reue mir und Wandel.
Und freilich hat mich Gott im langen Leiden
Gelehrt, daß Dünkel auch auf meiner Seite,
Der Neid soll nicht die echte Liebe scheiden,
Im Eigennutz die Sitte mühn zum Streite.
Es ist wohl wahr, ich liebte meine Base,
Und es ist eure Schuld nicht, daß vergebens,
Die Eifersucht ist eine Lügenphrase,
Und Neid der ärgste Widerpart des Lebens.
So war mein Leiden wohl kein ungerechtes,
Auch wenn die Weise, dies vollzog, gelogen,
Denn unser Herr erlaubt nichts wirklich Schlechtes,
Wer sehend wär, wüßt alles ausgewogen.
Die Herzlichkeit, mit der ich Eintracht suche,
Beweise meine Wunde, die ich führe
Zur Stirn im Aussatz, der nicht länger fluche
Das Mal, daß ihr das Siegen nicht gebühre.

ENGELHARD: O Herr, du sandtest deinem schwachen Knechte,
Der oft gefehlt drei hochgesinnte Hirten,
Ich wählte einen nach dem Vaterrechte,
Und heut erfleh ich deinen Geist als vierten.
Mach unsere Runde voll und nimm als Heiler
Die Schrecken der Verworfenheit vom Kreise.
Wir wollten hoch, doch ist der Heilsweg steiler,
Drum beten wir gemeinsam still und leise.
(Es ertönt das Te Deum laudamus.)

MERLIN (öffnet Dietrichs Augenbinde):
Ich kann von Heilung leider nichts bemerken,
Mag sein, wir müssen etwas uns gedulden,
Das meiste bleibt geheim von Gottes Werken,
Und unsre Rechnung faßt nicht alle Schulden.

RHYDIAN: O keiner soll die Grindigkeiten bannen,
Auch mein Gebet hat nicht Gehör gefunden.
Sieh diese Pusteln und die harten Grannen,
Der Schrecken spottet selbst die ärgsten Wunden!

MERLIN: Verzweifelt nicht und bleibet fest im Glauben,
Der Herr alleine setzt die Augenblicke,
Mag auch das Schlachtroß in der Koppel schnauben,
Der Reiter setzt die Zeichen dem Geschicke.
Und kam für Dietrich nicht die Morgensonne,
Hab ich doch, Rhydian, Großes euch zu künden,
Nicht Dänemark sei euch das Land der Wonne,
In Kornwall sollte eure Fährte münden.
Vortigern ruft euch. Die Gefahr der Pikten
Zu wehren an des Reiterheeres Spitze,
Vor allen, die zu solchem Haupt sich schickten,
Bekannt sind eure hagelstarken Blitze.
Der Römer Rückzug schafft den kühnsten Mannen
Die Königswürde auf dem Feld der Ehre.
Darum befreit von Stricken, die euch bannen,
Brecht unverzüglich auf zu eurem Heere!