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Aus »Engelhard. Treuepistel«.   Vers 59706 bis 59761

DRITTER AUFZUG. ERSTE SZENE


Engelhard, Engeltrud im Schlafgemach.

ENGELHARD: Fruote starb getrost in Überzeugung,
Die Ordnung sei gesichert in dem Staate.
Wie männlich das Gesicht, das keine Beugung
Gekannt und nur Vertraute zog zu Rate!
Eh er verschied, gab herzlich er den Segen
Den beiden Söhnen, die du mir geboren,
Und ihre Zukunft schien ihn zu bewegen,
Als sängen Engel ihm in beiden Ohren.

ENGELTRUD: Wir können froh sein, daß nach wirren Zeiten
Die Freude herrscht im Land, in den Gemütern,
Die Dinge mählich zur Vollendung schreiten,
Und Segen ruht auf allen Erdengütern.
Auch Engelhard ist nicht, wie ich einst sagte,
So schweifend, daß ich häufig ihn vermisse.
Undankbar wär ich, wenn ich einmal klagte,
Der Frieden ist das ganz und gar gewisse.

ENGELHARD: Eins freilich ist vom Fried nicht fortzuwischen:
Fruote starb im Irrtum unversöhnlich
Dem Neffen, und der Platz an unsern Tischen
Blieb leer, den er besetzte für gewöhnlich.
Er wäre einmal fast mein Freund geworden,
Hätt Vaters Probe dieses nicht verworfen,
Ich frage mich: Wie konntest du ihn morden,
Seh ich den Stumpfen seines Arms verschorfen.

ENGELTRUD: Die Wahrheit ist nicht immer Heil und Segen,
Sie hat schon manches Altersglück zerrissen,
Nur Gott obliegts, die Augen frei zu fegen,
Mein Vater wollte unsre Schuld nicht wissen.

ENGELHARD: Auf Trug, nicht auf Vergebung, aber gründet
Mein Königstum, das rasch ich laß dem Sohne,
Auf daß es endlich in der Unschuld mündet,
Werd ich erwarten auf geraubtem Throne.

ENGELTRUD: Du irrst, der Thron ist legitim und ehrlich,
Nur einmal an der Linde warn wir sündig,
Zu zweifeln ist für Herrscher sehr gefährlich,
Noch lang ists hin, bis unsre Kinder mündig.

ENGELHARD: Fruote hätt die Sünde uns vergeben,
Wärn wir geständig ihm genaht in Reue,
Er hätt schon damals uns vereint im Leben,
Daß niemand Zweifel wag an unsrer Treue.

ENGELTRUD: Wir ahnten nicht, daß uns belauscht der Freche,
Daß seinem Aufruhr wir die Waffen böten.
Für diesen Frevel zahlt er nun die Zeche,
Und überdies: Er lebt ja nicht in Nöten.

ENGELHARD: Sei wie es sei. Der Gotteskampf war Frevel,
Ich werde diesen leblang tragen müssen,
Und unten an der Hude riechts nach Schwefel
Und bis ins Meer gelangt der mit den Flüssen.
(Pause. Engeltrud antwortet nicht.)
Ach, eingeschlafen ist mir meine Liebe,
Es ist nicht recht, so stark sie zu belasten,
Jedoch ich selbst, obs hin, obs her ich schiebe,
Ich kann im Leben keinen Halt ertasten.
Ich wähn mich träumend oder träum vom Wahne.
Wie fing das an? Was macht mich mir abhanden?
Ob ich bei Charon erst erfahr im Kahne,
Was mir für Weiser auf dem Wege standen?