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Aus »Engelhard. Treuepistel«.   Vers 59564 bis 59613

ZWEITER AUFZUG. VIERTE SZENE


Engelhard, Dietrich.

ENGELHARD: Ich bin in großer Not, mein lieber Bruder,
Denn untreu soll den Gotteskampf ich wagen.

DIETRICH: Der Reihe nach, so scheint es mir noch kruder,
Als Hast und dein Entsetzen davon sagen.

ENGELHARD: Du hattest recht, bei Engeltrud, der schönen,
Ward das Gefallen bald zur tiefen Neigung,
Wir dachten erst den König zu versöhnen,
Doch strebt die Liebe stets zur höchsten Steigung.
Unselgerweis hat uns ein Feind gesehen,
Wir merkten nichts in unsrer Träumerwolke.
Er ließ geraume Zeit darauf vergehen,
Er schwor nun laut vorm König und vorm Volke.
Zur Wahrheit war die Möglichkeit verflossen,
Es war nur Zeit zu schinden zur Entscheidung,
Sechs Tage Urlaub sind schon halb genossen,
Dann muß der Sieg bestärken die Beeidung.
Ich bitt dich unerkannt an meine Stelle,
Du kannst gerecht die Unschuld dir beschwören,
Und deine Stärke wird den Unhold schlagen,
Der König ließe gern sich so betören,
Der Kläger nämlich schafft ihm nichts als Klagen.

DIETRICH: Ein übles Ding, darein du dich geritten.
Wärs besser nicht, den Dänenhof zu meiden?

ENGELHARD: Erbärmlich ists, den Frevel zu erbitten!
Doch kann mein Herz nicht die Entsagung leiden.
Den Thron, das Land – o bitte geht in Flammen!
Ich bins gewohnt, als armer Mann zu leben,
Doch komm ich nicht mit Engeltrud zusammen,
Muß ich den Leib dem scharfen Schwerte geben.

DIETRICH: Wärs möglich nicht, die Holde zu entführen?

ENGELHARD: Wir waren arglos, eh der neidisch Böse
Im rechten Augenblicke uns beklagte,
Der König ließ mich nur durch kleinste Öse,
Der Tochter er das Ausgehn untersagte.
Ein Kriegsheer wär vonnöten, sie zu holen,
Dies träf den König, der ein herzensguter,
Wäscht nicht das Urteil Blut von meinen Sohlen,
So scheide ich von dir als ein Verbluter.

DIETRICH: So reite ich, ist Unrecht nicht zu meiden,
Gewählt sei, was nur schadet dem Verruchten,
Bleib hier, ich werde nur was wahr beeiden
Und hoffen, daß wir uns nicht selbst verfluchten.
Ich kehre nach dem Kampf sofort, behaupte,
Ich müsse deinen Strauß hier noch beenden,
Wenns mir gelingt und man mir alles glaubte,
Hast du erneut dein Schicksal in den Händen.
Wenn aber ich in diesem Kampfe scheitre,
So tu das beste meinen Untertanen,
Und laß dem Frevel folgen dann nicht weitre,
Sonst strafen den Brabanter seine Ahnen.