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Aus »Engelhard. Treuepistel«. Vers 59487 bis 59563 ZWEITER AUFZUG. DRITTE SZENE Fruote, Engelhard, Rhydian, Pridjørn, Ritter. FRUOTE: Mit Gott, ihr Ritter, herrlich an der Hude, Sei das Turnier eröffnet für die Recken, Zur Ehr des Namenstags von Engeltrude, Drum mög kein Blut die Damen hier erschrecken. RHYDIAN: O Finsternis, da mag kein Schimmel reiten! Herr, steh uns bei, der Lindwurm hebt die Hörner! Ich seh den Feldmann mit den Augen streiten, Weil all die Ähren tragen keine Körner. FRUOTE: Was sind das für verfluchte Schreckgespenster? Seid ihr bei Sinnen, Rhydian, heut beim Feste? Die Sonne bricht mit Macht durchs Wolkenfenster, Der Schwalbengruß verkündet uns das beste. RHYDIAN: Neun Elstern sah ich, aber keine Schwalbe! Und Spinnen falln im Schlosse von den Wänden! Die Hex frohlockt, und nächtens kommt der Albe, Dein Haus, o König, ist in Teufelshänden. Wenn wundert es, die Hausfrau kaum gestorben, Und schon die Tochter ehrlos tut mit Freiern. Nun ruft ihr jenen, der die Maid verdorben, Mit väterlichem Segen hier zu feiern. FRUOTE: Wer, meint ihr, raubte Engeltrud, die Ehre? RHYDIAN: Fragt ihn doch selbst, er steht euch gegenüber. Herr Engelhard, der Kammerherr, der hehre! Ein Sumpfloch ist nicht stinkender und trüber. FRUOTE: Was sagt ihr, Engelhard, zu dieser Klage? ENGELHARD: Herrn Rhydians Maul ist eine Lügenküche, Verzweiflung spricht die Ehrsucht seiner Lage, Erkennbar an dem Heidendreck der Sprüche. EIN RITTER: Wie wahr! Der Engeländer braut Gerüchte. O wär er damals im Kanal ersoffen! (Beifälliges Gelächter ringsum.) PRIDJØRN: Sorgt König, daß der Engelhard nicht flüchte, Weil an den Tag kommt sein geheimes Hoffen Auf Land und Thron. FRUOTE: Es tret hervor der Sprecher! PRIDJØRN: Der Plan ward in Burgund schon ausgebrütet, Die Leute sind bekannt als Herzensbrecher Und eure Tochter galt als mild behütet. FRUOTE: Sagt, was bezeugt die Pläne der Burgunder? PRIDJØRN (plötzlich mutlos): Sie singen Lieder, welche Wünsche spiegeln. FRUOTE: Verschwindet rasch, ich sorge euch für Zunder, Fahrt ihr mir fort, die Leute aufzuwiegeln. RHYDIAN: Ich folge nicht Gerede und Gerüchten, Ich sah die Unzucht eignen Augs und Ohres Und werde einer Peinlichkeit nicht flüchten, Am Lindenbaum geschahs, unweit des Tores. Wenn ihrs nicht glaubt, o König, laßt mich töten, Ich mag nicht dulden ungesühnte Schande, Ehr mag mein Blut den Staub der Erde röten, Als daß solch Schmutz fleck die Familienbande. FRUOTE: Dem für und wider möge Gott verfügen, Wer höllisch dunkel steht und wer im Hellen. ENGELHARD: Ich sollte diese unverschämten Lügen Sofort mit meinem Schwerte richtigstellen, Doch bindet ein Gelübde mir die Hände, Der Jungfrau von Brabant, der Mutter, Vater Erschlagen wurden, droht ein bittres Ende Im Hungerturm, um Hilfe bat ein Pater. Gelobt hab ich, den Kampf auf Tod und Leben Zu meiden, eh die Maid dem Turm entrissen, Drum will ich heute nicht das Schwert erheben, Ich lüd sonst schwere Schuld auf mein Gewissen. Sechs Tage Urlaub, nach Brabant zu reisen, Erbitt ich, was mir nicht erlaubt zu rasten, Dann will dem Volk die Wahrheit ich beweisen, Und eure Tochter vom Verdacht entlasten. RHYDIAN: Ich sage Lügen, Lügen, nochmals Lügen, Die Flucht bemüht die edelsten Motive. Ihr mögt euch, König, nicht dem Muster fügen, Wie man auch draufschaut, irritiert das Schiefe. FRUOTE: Der Ritter ist den Witwen und den Waisen Verpflichet, darum ist der Aufschub zwingend, Ich halte mich derweil im schonend Leisen, Mit Gott um Wahrheit und Verleumdung ringend. Doch seid ihr nach sechs Tagen nicht zur Stelle, So wird die Klage euch zum Urteilsbriefe. Drum hütet euch! Ihr würdet mir die Quelle, Nach deren Trunk ich nimmer friedlich schliefe. |