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Aus »Siegfrieds Tod. Trauerspiel«.   Vers 57627 bis 57722

ERSTER AUFZUG. ZWEITE SZENE


Kriemhild, Zirpzalp.

KRIEMHILD: Ein Tümpel auf der brandgeschwärzten Rode?
Vielleicht seh ich den Feuersalamander!
Zwar ist es in Burgund nicht Frauenmode,
Jedoch ich mag nun mal das Rumgewander.
Die Mutter meint, der Wildfang sei zu zähmen,
Die Brüder schicken mich auf meine Kammer,
Allein im Wald brauch ich mich nicht zu schämen,
Das Eichhorn lauscht gewiß auf meinen Jammer.
Nur traurig, daß ich von dem Seidenschwanze
Und von der Amsel nur erfahr die Weise.
Ach, wäre mir verständlich doch das ganze
Im Sinne dunkle Minnelied der Meise!
Auch Volker, dem die Rätselrunen raten,
Kann mir nicht frommen zum Verstehensziele,
Ich mag nun mal die Vögel nicht gebraten,
Und tu, als taugten mir die Sangesspiele.
So gab ich ein Sonett dem Star, dem Finken
Wies ich in meiner Einfalt gar Rondelle,
Und seh ich einen roten Kehlkopf winken,
Hab ich Terzinen für den Fall der Fälle.
Ich mag nicht die Berichte von den Kriegen,
Wo alle nur verliern, die sich begrüßen,
Und hab mich nie zum Hymnischen verstiegen,
Die harte Klinge vorzuziehn dem Süßen.
Vielleicht bin ich verwöhnt bei meinem Taumeln
Im Unernst und im Pflegen meiner Grillen,
Doch laß ich nur zu gern die Seele baumeln,
Und sie besieht am liebsten sich im Stillen.
Die Waldesstille ist ein andrer Rahmen,
Als eine Nacht so einsam in der Stube,
Ich murmel öfters einen Vogelnamen,
Der Bruder meint, es sei ein böser Bube.
Wenn ich mal einen Mann frei, dann von Herzen,
Er muß nicht reich sein oder groß in Waffen,
Am Hof nicht prunken mit den tollsten Scherzen,
Noch mit den Freuden, die er wem geschaffen.
Er darf auch fremd sein oder gar verstoßen,
Von Eltern, die gar niemand will hier kennen,
Er geh zerrißnen Schuhs und gar mit bloßen
Schon wunden Füßen, die von Nesseln brennen,
Er sei gering, doch sagte mir Frau Minne,
Sein Herz sei rein und ganz mir ausgebreitet,
Mir schwänden bei dem ersten Kuß die Sinne,
Geflügelt, wenn mich dieser Ritter leitet.
Denn wer es wagt, das Herz so frei zu schenken,
Beweist mehr Mut als eine scharfe Klinge,
Ich bete oft, es mög der Herr es lenken,
Daß dem Gefühl der große Wurf gelinge.
(Sie steckt den Finger in das Blut, wundert sich, sucht ihn irgendwo abzuwischen und leckt ihn schließlich ab.)
Was ist das? Blut? Wer ist da so gestorben,
Daß sich ein ganzer kleiner Weiher rötet?
Und dieses Blut? Als hätt es mich geworben,
So leckt ichs ohne Furcht, daß es mich tötet.
Es ist wohl süß und eklig, etwas brenzlig,
Ich werd wohl Durst bekommen von der Schärfe,
Und nun verwirrt sich der Geschmackssinn gänzlich,
Daß ich den Blick nach einer Quelle werfe.
Doch hör nun da, der Zirpzalp auf der Weide
Hat jäh die Unsprach in mein Deutsch gewandelt,
Drum will ich lauschen, eh ich von hier scheide,
Wovon sein aufgeregtes Zirpen handelt.

ZIRPZALP: Zum Zausen ists, zum zwischendrin Verzagen,
Potztausends Ziffern zählen zu den Zerrern,
Die Pagen plappern von den Plauderplagen,
Und profiliern sich popelweis zu Plärrern.

KRIEMHILD: Mein heller Werber auf den Weidenkätzchen,
Wenn du mir so verständlich weißt zu zalben,
Ist dann die Rede nur von Kindermätzchen,
Daß ich vom Sinn vorliebnehm mit dem halben?

ZIRPZALP: Prinzessin, bräutlich brennen euch die Brüste,
Ihr bringt euch ein in ein gar brandig Brodeln,
Würd man den Held im ganzen Hain nicht kennen,
Es hieß, das Lob, ich würd es launig jodeln.

KRIEMHILD: Du stellst mir einen Bräutigam zur Seite,
Von dem im Reich der Vögel wohl zu singen,
Hast du gelauscht wie ich die Herzensleite
Beschrieb und meinst, es sollt mir doch gelingen?

ZIRPZALP: Uneins sind die Dämonen und die Mächte,
Der frühen Himmel und der heutig späten,
Doch einig ist sein Herzraum, und ich dächte,
Er hätt das Zeug zu einem Zugenähten.

KRIEMHILD: Es ist nicht wohl, das Herz gar fest zu schließen,
Ich brauche keinen Stein und keine Mauer,
Das Blut muß frei und ohne Hemmung fließen,
Sonst ist der Schlag des Herzens nicht von Dauer.

ZIRPZALP: Ich bin nicht so gewandt in euern Bildern,
Ich künde euch das Künftge nur in Splittern,
Ich wollte euch mit meinem Bilde schildern,
Daß er euch treu in allen Sturmgewittern. (Ab.)

KRIEMHILD: So ist er nah, vielleicht schon an der Quelle,
Die aufzusuchen riet der blutge Finger,
Gibts irgendwo das Reine und das Helle,
Weiß dies zuerst der Mai und seine Singer.
So will ich freudig folgen einer Stimme,
Die mir im Herzen sagt, so mög es werden,
Nicht schrecke mich der Bär in seinem Grimme,
Denn alles Brummen preist den Herrn auf Erden. (Ab.)