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Aus »Siegfrieds Tod. Trauerspiel«.   Vers 58223 bis 58298

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Ute, im Nachthemd, schlurft mit einem Kerzenlicht herein.


Siegfried, Ute.

SIEGFRIED (legt ihr einen Pelz um):
O weh, so spät, du wirst dich hier erkälten,
Hier, hüll dich rasch in diesen fuchsig warmen
Ornat und sag, um was in allen Welten
Mußt du in diese Finsternisse barmen.

UTE: Ich bin nur etwas rasch die steile Stiege
Emporgetappt, man soll mich nicht bemerken,
Ich muß dich warnen vor dem falschen Kriege,
Ein Unheil schwant mir über diesen Werken.
Noch eh ihr alle ankamt, hab mein Liebes
Ich angefleht, ihr beide möget scheiden,
Inzwischen brauchts die Hastigkeit des Diebes,
Das Schlimme, das ich kommen seh, zu meiden.

SIEGFRIED: Was denkst du dir? Am Sonntag die Kapelle
Erfleht für uns den allerhöchsten Segen.
Wir sollen fort? Und dieses auf die Schnelle?
Was konnte dich zu solchem Rat bewegen?

UTE: Brunhilde ahnt Betrug und wird nicht ruhen,
Eh alles ist ans Tageslicht gekommen,
Als wär nicht schon genug an Gift in Truhen,
Hast du noch schlimmern Auftrag angenommen.

SIEGFRIED: Wer sprach dir dies? Wars Gunter oder Hagen?

UTE: Ich hab zum Lauschen meine eignen Knechte,
Ein Name kann da wirklich wenig sagen,
Ich fürcht, daß man dich gar ums Leben brächte.

SIEGFRIED (lacht):
Man will mich töten? Meine liebe Güte
Im Dämmer reifen wunderliche Blüher,
Ein Nachtmahr wars, der dich zur Treppe mühte,
Ein Unerlöster, der hier hauste früher.

UTE: Der Hochmut vor dem Fall erkennt Gespenster,
Wo Überlegung weiß das Netz am Zuge.
Nicht merktest meinen Boten du am Fenster,
Doch stets Brunhildes Künder von dem Truge?

SIEGFRIED: Ich wollts nicht tun, doch Hagen hat erwiesen,
Die Staatsräson gebietet dieses Opfer,
Man scheut nicht kindisch vorm Geruch, vorm miesen,
Denn Unbill trägt ein jeder Steineklopfer.

UTE: Es geht hier nicht um Anstand, Würde, Ehre,
Ein noch Bedenken würde euch vernichten,
Flieh! Kriemhild nehm, was immer sie begehre,
Ich trag die Schuld und werd mich selber richten.

SIEGFRIED: Gar gottlos ist es, ungetraut zu lieben,
Zu fliehen die Familie und die Brüder,
Schlägst Häupter ab, erst eines und dann sieben,
Das neunte ist unsterblich bei der Hyder.

UTE: Du selber hast dich aufgebäumt dem Erbe,
Wurdst nicht der Zeuger für die Riesenheere,
Nun sagst du: Besser, daß ich selber sterbe
Als daß da leide die Familienehre.
So denk an Kriemhild, die dich also schätzte,
Daß sie nicht merkt, wie dir das Garn gewunden,
Sag ihr die Wahrheit, daß es sie entsetzte,
Dann seid ihr weit schon in den Morgenstunden.

SIEGFRIED: Ich habe mich empört, es abzustreiten,
Wär lächerlich, dies gaben mir Gebete,
Ich leb in Eintracht mit dem Herrn der Zeiten,
Ich glaub, Gott gibt, was ich so heiß erflehte.
Nun soll ich König, Kirche, Gattin schänden,
Ein Flüchtling sein, weil was geheim nicht sicher,
Ich muß was ich begann vernünftig enden,
Sonst hör ich in der Hölle das Gekicher.

UTE: Du endest nichts, du weckst nur weitre Schlangen,
Nicht der Kaplan und Gunter Christ vertreten,
Du bist den Weg des Heilands weit gegangen,
Nun schwenkst du auf den Weg der Exegeten.

SIEGFRIED: Ich suchte nie Passion und Weltentsagen,
Ich wollte Teil sein im gewöhnlich Heilen,
Drum werd ich mit dem König mich vertragen,
Und auch dem Schoß der Kirche nicht enteilen.

UTE: Ist dies dein letztes Wort? So sind wir alle
Verloren, das Gesetz von Blut und Rache
Verfeinert nur noch seine Mausefalle,
Und unser Tod ist ausgemachte Sache.
Doch sage keiner, daß Verhängnis hätte
Nie Raum gelassen, daß man es zerrisse.
Ich kroch zur rechten Stunde aus dem Bette
Und hab Gewißheit, daß der Held dies wisse.
(Nach verschiedenen Seiten ab. Die Ampeln erlöschen.)