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Aus »Laudine. Minnespiel«.   Vers 55849 bis 55917

ERSTER AUFZUG. ERSTE SZENE


Ein Burghof im Morgendämmer. Im Vordergrund eine Zin­nenreihe. In der Mitte ein Brunnen, der fröhlich sprudelt. Dane­ben eine hölzerne Trage mit einem blutgefleckten weißen Linnen bedeckt. Darauf der schwer verwundete Askalon. Während der ersten Szene wird es langsam heller und man kann auf der lin­ken Seite ein doppeltes Falltor entdecken, in der Torhalle Iwein gefangen mit einem toten Pferd. Laudine kommt eilig eine Trep­pe herunter. Lunete folgt ihr, bleibt zurück, als sich Laudine dem Verwundeten nähert.


Laudine, Askalon, Lunete.

LAUDINE: O weh, ach nein – was ist das für ein Morgen?
Der Traum war wüst, doch wüster war das Wecken.
Hat dieser Himmel nichts als Schmerz und Sorgen,
Nur Wolken dunkel-prall von Angst und Schrecken?
Ich schlief und schwebte träumend über Ländern,
Die warn verheert von einem schwarzen Eber,
Und dessen Kinder, die zu Weidenschändern
Erzogen, warn die Gnadentodes-Geber,
Doch dann, es kam das Meer ein Liliensegel
Mit Rittern, die die Eberkinder schlugen,
Und dann, wer weiß, mit wessen Kunst und Regel,
Des Untiers Kamm als Jagd-Trophäe trugen . . .
Nicht weiß ich was von Ebern und von Rittern,
Kein Astrolog kann Rätsels Qual verkürzen,
Dann seh ich des Gemahles Schwert zerplittern,
Die Mähre vor dem Tor zusammenstürzen,
Die Knechte huben sanft auf eine Trage
Den Wunden, drum sich Tod und Leben streiten,
Und so die Nacht allmählich weicht dem Tage,
Erwart ich nur noch Not und Grausamkeiten.

ASKALON (mühsam sich erhebend):
Mein Brunnen, du mußt freudig, hell und heiter
Die Wiese netzen, springend, sprudelnd, fröhlich,
Ich bin ein Wrack, ein Klumpen Grind und Eiter,
Von Gram und Schande ward das Blut mir ölig,
Ich werde nicht mehr an dein Lager treten,
Zu hoffen, daß die Bäche allen Meeren,
Laß mich allein, ich will zum Herren beten,
Daß er mich nehm und mir verzeih in Ehren.

LAUDINE: Du wardst mir nicht gebracht, daß mir verborgen
Nun bleib, wer dich geschlagen und geschunden,
Folgt Traums Geheimnis weiteres am Morgen
Und nur als Vorwurf hab ich dich gefunden?

ASKALON: Die Fehde ist schon lang, die Artusritter
Und dann der Wilde Schrat im Buchendunkel,
Kalogrenant vertrieb nicht nur Gewitter,
Er bracht dem Clan des Riesensohns Gemunkel...

LAUDINE: Sag, wer ist Artus, nie noch war der Name
Genannt im Reich der Büsche und der Blumen,
Ins Ur-Uralte strömt dir Stolz und Same,
Wie kommst du da zu solchen Königtumen?

ASKALON: Von Artus kann dir manches deine Zofe
Berichten, denn sie war vor manchen Lenzen
Im Auftrag und auch ohne dort am Hofe
Und liebte je den Prunk von Schwalbenschwänzen.
Der Widderfüßge schwatzte die Idylle
Des Brunnens in die Lanzenstich-Gemüter,
Und eh sich jeder dort das Trinkhorn fülle,
Stand ich bis heut als deines Brunnens Hüter.
Ich nahm dem ersten Frevler nur die Waffen,
Das Pferd, die Rüstung, denn von diesem Neide,
Mit dem sie alles, was sie wünschen, schaffen,
Erahnt ich nichts, dies ists, warum ich leide.
Doch nun, du weißt die Tat, und auch den Täter
Wirst du schon bald im Morgengrauen sehen,
Es gibt für mich in dieser Sach kein später,
Ich muß den Herren rufen und dann gehen.

LAUDINE (weicht zurück, zu Lunete):
Gibts keine Rettung, keinen Balsam, Öle,
Kein Kräuticht, das die Wunden weiß zu stillen,
Hat nicht der Eremit in seiner Höhle
Ein Wort, zu stärken Geist und Lebenswillen?

LUNETE: Mir träumte diese Nacht ein wilder Eber,
Den früh die Artusritter niedermachten,
Das Blut quoll dunkel aus zerschrammter Leber,
Derweil sie ihn verhöhnten und verlachten,
Mit scheint, ein neuer Weltkreis wird begründet,
Da nutzt es nicht mit Öl und Kräutern wetten,
Denn wenn ein Fluß in größere Ströme mündet,
So halten ihn nicht Zähne, Klaun und Ketten.
(Laudine verhüllt ihr Haupt und geht ab.)