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Aus »Laudine. Minnespiel«.   Vers 57262 bis 57341

DRITTER AUFZUG. FÜNFTE SZENE


Artus, die beiden Nichten, Frau Minne und der Löwe.

FRAU MINNE: Mir ist es recht, zu allen Tageszeiten
Ganz unvermittelt Herzen, Höfe, Klausen,
Zu suchen und zu sprechen und zu weiten,
Und niemand weiß, wos mir beliebt zu hausen.

ARTUS: Ihr seid Frau Minne, die mir wohl bedeutet,
Die Mahnung meiner Gattin ernst zu nehmen,
Schon ward des Kampfes Ruhzeit eingeläutet,
Ich werd mich gleich in das Gemach bequemen.

FRAU MINNE: Das sei gelobt, damit die Frauenehre
Die höchste Zierde bleib im Rittersaale,
Doch vorher ich noch einen Dienst begehre,
Der Lanzenbrecher mit dem Halbmondmale,
Hat mir mit seiner Klage um Laudinen
Im Eichenhage einen Kranz gewunden,
Daß es mir recht und billig war erschienen,
Euch sei ein Band vom Augenpaar entbunden,
Drum hört, was dieser Leu euch mag entdecken,
Vom Ritter, der an eurem Hofe streitet,
Ein neues Licht fall so auf diesen Recken,
Und eurer Weisheit Leuchtkreis sei geweitet. (Ab.)

ÄLTERE NICHTE:
Hier geht es grade wie im Taubenschlage,
Hier tummeln sich die Schwätzer aller Kasten,
Ich glaube, ich vertändle meine Tage
Am Hof Utopias unter den Phantasten.

JÜNGERE NICHTE:
Ich weiß zwar nicht, wie dieses Stück soll enden,
Doch macht mir das Geflecht geringre Sorgen,
Als der zerbrochne Krug in meinen Händen,
Der mir vermiest den Frühtau heute morgen.
Es scheint, als seien Geister ihm entsprungen,
Die tanzen, daß da Blut und Schmerz vermieden,
In Jahr und Tag Frau Minne ward besungen,
Doch zeigte sie sich nie zuvor hienieden.

LÖWE: Ich bin ein König, doch ich beug mich gerne
Dem Großen, den Frau Minne mir gewiesen,
Wer deuten kann die Wandelspur der Sterne,
Der weiß, die Zeit der Drachen und der Riesen,
Neigt sich vor Altern, da sich Ritter beugen
Vorm Leuchten deß, der auf dem Eselsrücken
Befahl der Stadt, für Leid und Tod zu zeugen,
Und Lahmen sprach: Nun laufe ohne Krücken!
Noch unklar ist mir, wie sich diesem Zeichen
Das Reich der Tiere werde stelln und mählen,
Doch lockte mich der Glanz aus euern Reichen,
Auf dieser Seite Weg und Haus zu wählen.
So hab ich einem Ritter Treu geschworen,
Der euch wie keiner trefflich ficht und streitet,
Ich hab das Gold der Krone ganz verloren,
Daß er mit mir auf seinem Schilde reitet.
Er trägt die Lanze voller Gottvertrauen,
Bleibt Sieger vor den Riesen und den Echsen,
Doch wirkungslos sind Muskelkraft und Klauen
Vor bösen Müttern, uns bekannt als Hexen.
Denn wie Frau Minne sich ins Licht erhöhte,
Verbohrte sich ein Gegenbild im Schatten,
Zum Weiß des Schwanes kam das Gift der Kröte,
Und wo das Licht verfahlt, gehörts den Ratten.
Derselbe Pfeil, der flügelt Herz und Schuhe,
Läßt Neid und Ränke wuchern und verpesten
Das Licht des Himmels und die Waldesruhe,
Derweil sich Monster am Zerschlagnen mästen.
Die Minnen, die verschmäht und abgewiesen,
Begabt oft Gram mit bösem Mut und Stärke,
Drum ruhe uns die Sorgfalt stets auf diesen,
Daß sie nicht falln in unheilvolle Werke.
Es macht mir Kummer, da mein Herr da fechtet,
Obgleich Frau Minne nicht geweiht die Waffen,
Und todessüchtig mit dem Heile rechtet,
Als sei er zur Vernichtung ganz geschaffen.
Und diesen Dämmer kann allein Laudine,
Die euch an diesem Hofe ist zugegen,
Mit Licht, als ob die Mittagssonne schiene,
Ins Helle und ins Lebenswerte legen.

ARTUS: Der Tag entbehrte nicht die Warnerstimmen,
Mich dünkt das alles im Zusammenhange,
Ich hoff, zur Lohe bäumt sich noch das Glimmen,
Daß der Erleuchtung harrn wir nicht zu lange.
Das Wort des Tieres soll nicht dem Konzerte
Verloren sein, wo Flöte froh der Leier,
Was immer mir die Sicht ins Helle sperrte,
Ich ahn, daß sich schon bald erhebt der Schleier.