Willkommen

Lebenslauf

Aktuell

Werke

Publikationen

Audio

Leserstimmen

Besucherbuch

Impressum
 
vorige Szene nächste Szene

Aus »Laudine. Minnespiel«.   Vers 57342 bis 57478

DRITTER AUFZUG. SECHSTE SZENE


Artus, Pelleas, die Nichten, Laudine, Lunete, Gawain, Iwein.

PELLEAS: Frau Minne seis verziehen, wenn ich störe,
Es geht um einen Ritter, hier am Streiten,
Daß euer Ohr ihr Hilfserbieten höre,
Hätt ich gern eine Frau euch zugeleitet.
Die Holderin ists vom verborgnen Quelle,
Die hier am Hofe weilt schon manche Tage,
Mir taugts, daß eurer Weisheit sich geselle
Das Fraunherz, bisher ungehört im Hage.

ARTUS: Gern hör ich an, was ihr zu sagen wichtig,
Wo sonst hier bloß die Klagen wiederkehren,
Sie nah, auf Fristen und Gewähr verzicht ich,
Geleite sie und führe sie in Ehren.

ÄLTERE NICHTE:
Was soll das werden, Aufschub, neue Zeugen,
Mir werden Last die endlosen Verhöre,
Man will mich, bis ich mürbe werd, beäugen,
Daß ich zuletzt mein gutes Recht verlöre.

PELLEAS: Ich bringe unverzüglich jetzt Laudine,
Sie wird in ihrer Sache selber sprechen,
Ihr Klägrin hofft, daß euch der König diene,
Es sei denn, euch führn Meineid und Verbrechen.
(Zu Laudine):
O wiederholt dem König ohne Sorge,
Was zu bekennen euerm Herzen Bürde,
Denn daß der Herr die Frauenweisheit borge,
Ihm Sitte nicht und Amt verbieten würde.

LUNETE: O Herrin, daß ihr froh dem Edlen frommet,
Schafft Ehre euerm Haus und allen Rittern,
Was immer da vergeht und was da kommet,
Solch hohes Tun kann keine Zeit verwittern.

LAUDINE (mitkommend, zum König):
Heil, König Artus, Herr der Tafelrunde,
Von der in jedem Land die Dichter schwärmen,
Ich wünsch euch viele Sommer und gesunde,
Mög lang noch euer Herz den Hof erwärmen,
Ich weil seit manchem Tag an euerm Herde,
Weil mir daheim die Einsamkeiten bitter
Und eh mein Wort entsagt der Menschenerde,
Heb ich die Hand für euern Löwenritter.
Er ward von seiner Dame hart verstoßen
Und scheint mir an dem Gram noch zu erblinden,
Ich hülfe gern bei Niedrigen und Großen
Dem Ritter ihre Huld erneut zu finden.

ARTUS: Der Löwenritter ist hier grad zugegen,
Ich denk, daß eure Worte ihn wohl freuen,
Denn wenn wir seine Huld gemeinsam pflegen,
Solls künftig nicht, noch heute, mich gereuen.
(Er winkt Iwein und Gawain herbei.)

ÄLTERE NICHTE (zu Gawain, vor Zorn außer sich):
Was tut ihr mit bei tölpligem Klamauke,
Statt jenen Ritter längst vom Pferd zu stoßen,
Ein Irrenhaus fand ich in diesem Haugke,
Vom Weiten sieht mans, mit dem Aug, dem bloßen.

ARTUS: Grad sagtet ihr zum hohen Schwurgerichte,
Ihr wärt fast blind, so konnt die Jüngre rauben,
Nun heißts, ihr hättet tiefere Gesichte,
Als alle die hier mit dem König glauben.

ÄLTERE NICHTE (läuft plötzlich davon):
Hier ist kein Recht, hier sind nur Gichtgeplagte,
Die jämmerlich mein gutes Recht verhöhnen,
Mein König ist nicht jener Hochbetagte,
Der säuselt mit den Jungen und den Schönen.

ARTUS (der Pelleas von der Verfolgung abhält):
Laß sie doch ziehn, wir kommen so zum Rechte,
Und die zwei Kämpen, die sich trefflich stritten,
Sind dort, wo ich sie gern schon lange dächte,
Als beider Freund geehrt und wohlgelitten.

GAWAIN (nimmt den Helm ab und kniet hin):
Mein König, ich war euer Ritter immer,
Ich fehlte, da ich in den Kampf gezogen,
Die Weisheit gab, daß dieser Kampf nicht schlimmer
Geführt ward um das Weib, das uns betrogen.
Vergebt mir, Herr, daß ich der Frau gegeben
Den Arm und all die Lanzen, die zerbrochen,
Ich knie und will mich nimmermehr erheben,
Bevor ihr euer Urteil habt gesprochen.

IWEIN: O König, laß mich für den Ritter bitten,
Er ist von edlem Mut und unverdächtig
Des Vorteils in den harten Kampf geritten.
Die Weiberlisten sind für uns zu mächtig,
Daß Unvermählte könnten frei erkennen
Und wären nicht im Urteil zu behexen,
Denn leichter ist, wenn rings die Bäume brennen
Im Giftgeloh der fürchterlichen Echsen.

ARTUS: Ich will nicht Gawain zürnen und nicht pönen,
Doch laß auch du, da hier dich Freunde grüßen,
Den Helm, daß wir uns freien Augs versöhnen,
Und länger nicht den bösen Irrtum büßen.

IWEIN: Ich heiße Iwein, Ritter einst der Runde,
Doch dann gefalln, dem Wahnsinn Lust und Beute,
Ich glaube nimmermehr, daß ich gesunde,
Denn meine Herrin weist mich ab bis heute.
Nur ihr allein gilt all mein Tun und Trachten,
Drum wärs mir lieb, ich wär im Kampf gefallen,
So werd ich noch im Liebesleid verschmachten,
In Tobsucht mittnachts auf den Zinnen lallen.

ARTUS: Gemach, es schwor mir deine Herrin eben,
Sie hülf dir, die entzogne Huld zu retten,
So wird euch beiden jetzt ein neues Leben,
Der König selbst wird euch zusammenketten,
Ein neuer Bund von Brunnen und von Tafel
Sei heut in eurer Ehe hier geschlossen,
So hat der ältern Nichte Haßgeschwafel
Zuletzt noch edlen Wein für uns vergossen.
Doch eh ich euch bekränz mit meinem Segen
Will ich ein Weilchen heim in die Gemächer,
Es ist der Welt an Herrschern nicht gelegen,
Die nicht zu weigern wissen sich dem Becher,
Frau Minne warf ihr Tuch mir von den Zinnen,
Ich eile, daß ich mannhaft mich erweise,
Denn fahln vor Ritt und Rüstung Lied und Linnen,
Sind ihrer Mitte bar des Königs Kreise.
Es kann ein Herrscher nicht die Frauen ehren,
Wenn seine eigne schaut ihn aus der Ferne,
Drum will ich nun in meine Wohnung kehren
Und mich erneun im Ausschaun und im Kerne. (Ab.)

LAUDINE: Auch ich befolg das Urteil von Frau Minne,
Das aus des Königs Mund ward mir verkündigt,
Ich bin nicht mehr des bösen Grolles inne,
Der sprach, da sich mein Ritter hat versündigt,
Ich will den Treuschwur gern erneut vernehmen,
Jüngst konnte mich Nimue nicht erweichen,
Doch heut will ich mich gar zur Eh bequemen,
Und diesem Hof von meinem Brunnen reichen.

IWEIN: Dies ist fürwahr ein Gotteskampf geworden,
Nicht nur daß ich dem Leben und dem Glücke,
Im freien Tun ganz ohne Streit und Morden
Schlug Christus in das Heidentum die Brücke,
Verfügt Laudine sich den Sakramenten,
So wird der Born gewahrt im neuen Glauben,
So steht Natur nicht mehr im Abgetrennten,
Daß wir, die Menschen müssen sie berauben.
So werden nicht gelöscht die alten Runen,
Die frohe Botschaft macht sie nur noch wahrer,
Der Mensch wähnt sich nicht länger im Immunen,
Er sieht die Ganzheit offener und klarer.
Wenn wir uns binden und in Minne ehren,
So tauschen wir nicht nur die Weltenmuster,
Wir tauchen in die ungesprochnen Lehren,
Und auch die Stummen werden weltbewußter.
So wird erfüllt, daß Wotan hing am Baume
Wie Christus in des Opfers reiner Sendung,
Und unser Neid verflüchtigt sich im Schaume,
Denn unsre Zwietracht dankte sich der Blendung.