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Aus »Medea. Tragödie«.   Vers 51347 bis 51450

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Jason, Kreusa.

JASON: Ich grüße die Prinzessin, die uns reichte
Mit ihrem Blick ein Glück, darin zu baden.

KREUSA: Ein guter Morgen grüßt mit seiner Leichte.
Der Nordwind treibt die Barken den Kykladen.
Das Meer ist veilchenfarb und an die Felsen,
Verrostet, schlägt es sanft mit seinem Schleier,
Die Schwäne singen uns mit stolzen Hälsen,
Die Farben sagen Trunkenheit und Feier.
Wo Pallas weiß Poseidon ruft azuren,
Dort wird der Raum im starken Licht zum Hammer,
Und jeder Stein trägt schon die Hauerspuren,
Die Anmut künden selbst in Schmerz und Jammer.
Dies Land verlangt nach Ausdruck, seine Kerben
Sind Wille und Erfahrung, deren Linien
Sich wie der Tag die Meisterschaft erwerben
Und gottgegeben scheinen wie die Pinien.

JASON: Ja traumhaft ist das Land des guten Hirten!
Dem Flüchtling, der mit wenigem zufrieden,
Ziemts nirgendwo zu hadern mit den Wirten,
Doch mir ist das Ambrosische beschieden.

KREUSA: Den Helden kann die Demut trefflich kleiden,
Doch taugt sie nicht dem Arm zum Schulterstücke,
Wo dunkle Wolken ihn bedräun mit Leiden,
Erneuert sich die Regenbogenbrücke.

JASON: Der Held strebt nicht nach allgemeinem Staunen,
Weil ihm zum Mut Bedrängnis treibt des Zarten,
Er achtet nicht die Weiser eitler Launen,
Er folgt der Sehnsucht, der zur Nacht gesparten.

KREUSA: War nicht die Schmach des Phryxos, der im Reiche
Der Schatten klagt, für euch die Pflicht zu fahren?
Mit purem Golde ich die Tat vergleiche
Das Vlies des Zeus zu holn von den Barbaren.

JASON: Ihr irrt euch. Weder Zeus noch Phryxos waren
Mir Leitstern sondern Ruhm bei den Hellenen,
Die Eitelkeit trieb mich zu den Barbaren,
Und nicht die Not und mitternächtges Sehnen.

KREUSA: Die Eitelkeit ist läßlich bei den Helden,
Wer sie erkennt, der weiß sie auch zu bannen,
Und wird, wenn Not und Hilferuf sich melden,
Als Führer segeln mit den stärksten Mannen.

JASON: Gemeinhin, aber wer im ersten Strauße
Unziemlich mühte die Geduld der Götter,
Der bleibt bei einem nächsten wohl zu Hause
Und wehrt so die Gelegenheit dem Spötter.
Was ich unziemlich tat, ist nicht zu fragen,
Es folgt, wohin ich geh, mir als ein Schatten,
Drum sprecht nicht groß von meinem Tun und Wagen,
Laßt still erfreun an euerm Glanz den Matten.

KREUSA: Ich bin ein Kind fast, das allein von Worten
Sich nährte und verwöhnt ward im Palaste,
Ich nahte nie mich den verbotnen Pforten,
Noch ahne ich, was eure Seel belaste.

JASON: Dies ist auch gut, denn nur das Ungetrübte
Vermag so hell die Sonne einzufangen.
Wer dies verlor, wenn er auch ewig übte,
Er heischte nicht das reine Rot der Wangen.

KREUSA: Ihr redet ihm verräterische Maße,
Ihr saht die Welt, die Helden und die Frauen.
Ein Blick wie eurer auf der offnen Straße?
Ich würd mich nicht mehr aus der Pforte trauen.

JASON: Zieht ihr mich nicht der Demut? Euer Zagen
Verträgt sich nicht mit königlichem Blute,
Ihr wißt die Anmut wie ein Kleid zu tragen,
Daß jeder Frechheit würde bang zumute.
Wohl dem, den ihr beschenkt mit euerm Frieden,
Er zög durch alle Meere und Gerüchte
Bis ganz hinaus und zu den Hesperiden
Allein dafür, daß euch gefalln die Früchte.

KREUSA: Nur einer könnte solchen Zug vollbringen,
Doch brauch ich keine Perlen, kein Geschmeide,
Die Lerchen ohne Gold und Seide singen,
Drum ists nicht not, daß man sich so bekleide.
Das wahre Gold scheint mir die Herzensgüte,
Die euch vermeiden läßt, mich zu beschämen,
Der große Zeus und Heras Herd behüte
Eur Aug und tilg die Sorgen, die euch lähmen.
(Sie geht sehr schnell ab.)

JASON: Ein scheues Reh, doch Glut in der Pupille
Verrät, daß sie zur Lauheit nicht geboren,
Sie rät die Sandbank sicher in der Stille,
Sie braucht kein Lot bei ihren feinen Ohren.
Ach dürft ich diesen einmal mit der Zunge
Verraten, daß sie meinem Pfeil der Bogen!
Ich fühl mich wie am Brombeerstrauch ein Junge,
Dem mittags eine Fee vorbeigezogen.
Ja, kein Geheimnis reicht an das, was offen
Dem Blick, und wie ein Zephyr ihn umnachtet!
Wohl dem, der sich bemühen darf und hoffen,
Sich fragen darf, was, Götter, ihr ihm dachtet!
Einst griff ich fester Hand nach allem Glücke
Und fragte nicht nach Blut auf seinen Scherben,
Doch heute klafft im Herzen eine Lücke,
Die schließt kein Wahn und kein geheimes Werben.
Doch dank ich, daß ich sehn darf ihr Zuhause,
Wo keiner frei, daß er den Dunst ihr löse
Und mach, daß ihr der tiefe Abgrund grause,
Wo ich mich selbst erfuhr und traf das Böse.
Ich schaue sie und fühle mich zufrieden,
Zwar kann sie ja nicht ewig Jungfrau bleiben,
Doch daß die Götter diese Zeit beschieden,
Soll mir Erato auf den Grabstein schreiben.
Da kommt der König sichren Schritts wie immer.
Was will er mit dem Flüchtling wohl beraten?
O wüßten diese Leute einen Schimmer,
Sie dürsteten nicht mehr nach meinen Taten.