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Aus »Medea. Tragödie«. Vers 51279 bis 51346 ZWEITER AUFZUG. ERSTE SZENE Korinth. Kreons Palast auf einer Säulenreihe. Davor die Knaben, die mit Holzschwertern fechten. Die übrigen Personen agieren im Palast. Mermeros, Pheres. PHERES: Hab acht, ich werd dich heute niederringen, Die Größe nützt dem Kopf nur hart zu fallen. Ich hab die Sprünge satt, die dir gelingen, Und mir die Fäuste in der Tasche ballen. MERMEROS: Hoho, nur vorher solltest etwas wachsen! Doch armer Knirps, ich wachse immer schneller, Du brichst dir beim Versuche nur die Haxen, Auf deinen Sieg setzt niemand einen Heller. PHERES: Ich hab geübt und werde immer flinker, Dein Hochmut wird dich nicht mehr lange decken, Am Morgen Sturm, am Abend nur noch Stinker, Du wirst dich vor dir selber noch erschrecken. MERMEROS: Ich merk, du fichst, daß die Olympier staunen! Da, sieh dein Schwert, es schwingt sich ganz alleine. (Er schlägt Pheres das Schwert aus der Hand, das im Bogen davonfliegt. Es bleibt vor einem Sims liegen, auf dem prächtige Weintrauben liegen.) Nun ja, das Schicksal hat so seine Launen, Nun lauf schon los und hole dir das deine! PHERES (läuft dem Schwert nach, entdeckt die Trauben und steckt eine in den Mund): Wie herrlich! O wie leicht sie doch zerplatzen! Wie Honig süß und fruchtig ohne Kerne! Dies sind nicht Trane, die den Hals zerkratzen, So denk ich mir Ambrosia und die Sterne. MERMEROS: Nun reich mal rüber, willst du ganz alleine, Hier schwelgen und ich soll dem Liede lauschen, Nachthimmelblau tun sie im Sonnenscheine Nicht wenig, um das Auge zu berauschen. PHERES: Genug ist da. Wir wollen streitlos teilen. Sei achtsam, nicht den Chiton zu betropfen. Wer wollte sich zum Schwerterkampf beeilen, Gibts solche Dinger, um sich vollzustopfen. (Sie schmatzen beide behaglich.) MERMEROS: Wer hat sie bloß auf diesen Sims getragen? Gewiß wer, der nicht mag, daß wir so fechten, Die Streitlust dämpft am sichersten der Magen, Drum ist der Bauch die Bürde des Gerechten. PHERES: Wer wohl? Die Mutter sorgt für ihre Jungen. Sie mag wohl manchmal schimpfen oder klagen, Doch trägt sie mich fest in ein Tuch geschlungen, Ist mir es lieber als allein im Wagen. Sie scheint mir traurig und nicht wohl gelitten Am Hofe hier, wo alle sonst Verwandte. Warum hüllt wohl ein bittrer Pelz die Quitten, Und warum lacht so selten der Gebannte? MERMEROS: Im Wagen, ja, so schonst du die Sandale, Du bist so leicht, da merkt man nicht das Tragen, Im Traumwind segelnd trägt die Haselschale Den Winzling bis ins Land der Lotophagen. Ich glaub nicht, daß die Mutter dies gerichtet, Die Kreusa wars, da bin ich ziemlich sicher, Ich glaub, sie hat das Land Korinth gedichtet, Wo selbst der Mutter stockt das Hämgekicher. PHERES: Ich sag der Mutter, daß du sie der Häme Hast bös geziehn und Kreusa bist gewogen, Damit sich mein gestohlnes Schwert nicht gräme, Ist schon mal ein Pantoffel losgeflogen. MERMEROS: Nein Pheres sei ein ganzer Mann und schweige, Gar weibisch ists, den Bruder zu verpetzen. PHERES: Es scheint mir aber nötig, daß sich zeige, Nicht straflos kann den Kleinern man verletzen. MERMEROS: Ein bißchen Spott kann dir nicht ernstlich schaden, Du hast es ohnehin ja immer leichter, Was ich auf meine Schultern hab geladen, Ein Freiraum wurds, dir mühelos erreichter. PHERES: Was sind denn das für seltsame Legenden? Du mußt dem Schatten Vorhutzeche zahlen? Du grabschst das Dotter dir mit beiden Händen, Und für den Bruder gibt es nur die Schalen. MERMEROS: Laß gut sein, wer da Schützling und wer Stemmer, Doch schwärz mich bloß nicht an mit dieser Sache, Sonst suchst du dir alleine deine Lämmer, Weil ich der Spiele keins mehr mit dir mache. |