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Aus »Punisches Lied. Tragödie«.   Vers 48493 bis 48548

ERSTER AUFZUG. ERSTE SZENE


Auf dem Vordeck eines Schiffes im Mittelmeer. Heiter und mild. Dido opfert auf einem Altar einen Widder, von dem Rauch zum Himmel steigt, und gießt einen Krug roten Wein auf die Schiffsplanken.

Dido, Juno.

DIDO: Rindsäugige, entschloßne, willensstarke,
In aufgeschürztem Chiton und verschleiert,
Dein Mündel, fliehend in bescheidner Barke,
Auch heute dein erhabnes Antlitz feiert.
Du trägst den Apfel fruchtbegabter Ehe,
Den Pfauen, argusäugig in den Federn.
Der Kuckuck, der bewahrt vom Wetterwehe
Den Gatten, mag den satten Rauch der Zedern.
Du einst die Jugend mit erfahrnem Lenze
Und läßt die Schwache in dein Heiltum treten,
Wo grüne Blätter rings und Blumenkränze,
Weil zu dir Frauen aller Alter beten.

JUNO (tritt nebelumflossen auf):
Die Treue seh ich gern, und deine Gaben
Sind rein und wohlgerichtet mir geflossen,
Du opfertest viel mehr als ich zu haben
Begehrte und du betest unverdrossen.

DIDO (ins Leere schauend):
Du scheinst mir näher als in Tyros früher?
Sind Neptuns Felder näher an den Wolken?
Ich spüre duften einen Diptam-Blüher,
Vermischt mit Milch, die grade erst gemolken.

JUNO: Ich bin dir nah und kenne die Geschichte,
Du fliehst Pygmalion, der erdolcht den Gatten,
Er sann darauf, daß er dich auch vernichte,
Doch narrte ich sein Aug mit einem Schatten.
So konntest du manch goldenes Geschmeide
Zum Meere bringen und vertraun den Winden,
Versprochen sei dir Wolle, Vieh, Getreide,
Und deine Feinde will ich sehrn und schinden.

DIDO: Du bist so gütig, werd ich bald schon landen?
Wird gastlich sein der Eingebornen Sitte.

JUNO: Dir ist schon bald ein reiches Land vorhanden,
Nutzt du die List, wenn man beschämt die Bitte.

DIDO: Ich dank, doch werden meine Geistesgaben
Es schaffen, klug und maßvoll da zu walten?

JUNO: Oft ist des Rätsels Lösung leicht zu haben,
Vermag man nur die Wut im Zaum zu halten.

DIDO: So will ichs halten, Schützerin der Ehe,
Daß ich den Meinen Raum und Grund gewinne,
Beherzt, gewitzt, und wie ich dich verstehe,
Abwartend wie vor ihrem Netz die Spinne.

JUNO: Man wird dich weise nennen und verehren,
Doch wird man dich bedrohn und dich versuchen,
Nicht alle Götter halten mich in Ehren,
Und manche Schönheit wird mich dir verfluchen.
Es wird nicht leicht die Treue deinem Stamme,
Doch kann die Ehre kein Refugium finden,
So sei dein Heimgangstor zu mir die Flamme,
Die loh, dich jedem Frevel zu entwinden.

DIDO: Nimm meinen Eid, o Göttin, freudenhellste,
Wehrt Macht, daß deine Sklavin leb getreuer.
So wähl ich, eh ein Frevler auf mir wälzte,
Den kühnen Sprung in deines Herdes Feuer.

JUNO: Du bist erwählt mir über tausend Jahre,
Und deine Feinde werde ich vernichten,
Und dreimal tausend Jahr weint an der Bahre,
Wem Barden von Gewalt und Sturz berichten.
(Verschwindet. Man hört Möwengeschrei.)