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Aus »Unstrutleuchten. Zweites Buch«. Gedichte 2020   Vers 46856 bis 46967

DIE MAUER UM DIE NEUENBURG


Als Kaiser Rotbart Lust gespürt,
Daß er bei Schwester Jutta sei,
Zur Unstrut und zur Neuburg führt
Sein Weg vom Kyff, der nahebei.
Er lobt das Haus, doch ihn verstört,
Ringmauern fehln, ein dicker Turm
Vermißt, was sonst dazugehört
Und wehren kann dem Reitersturm.

Sein Schwager, Thürings Landesgraf
Gelassen meint, geringes Ding
Sei solch ein Wall, wenn zwei Mal schlaf
Der Kaiser, schlöß sich fest der Ring.
Er plaudre mit den Edelfraun,
Ein Sänger harf im Saal vom Rhein,
Er lasse doch im Gottvertraun
Das Werk bloß seine Sorge sein.

Allein der Kaiser murrt verstimmt:
Es ist schon frech in Gottes Huld,
Wenn man dafür drei Jahre nimmt
Und nicht des ganzen Lebens Schuld.
Die Red, man bräucht der Tage drei,
Ist lästerlich und schlimmer noch,
Ob nicht Magie und Zauberei
Aus ihrem Höllenpfuhle kroch?

Doch Friedrich, spricht die Schwester mild,
Mein Mann, der eisern wird genannt,
Ist nur zu frommem Tun gewillt
Und Zierde für den Ritterstand.
Was auch sein Wort bedeuten mag,
Es ist gewiß kein finstres Werk,
Wenn er dir zeigt am dritten Tag,
Wie fest und sicher dieser Berg.

Dies überzeugt den Kaiser nicht,
Doch wenn die Maid so fein und hold,
Der kampfgestählte Grimm zerbricht,
Daß er nun nicht mehr weitergrollt,
Im Unstrutleuchten ist das Wort
Wohl eitel, aber nicht gemein,
Die Lieblichkeit an diesem Ort
Macht schuldlos selbst die Narretein.

Und kaum, daß er nicht mehr ergrimmt
Ob Bilsen, Tollkirsch und Alraun,
Die Jutta bei der Hand ihn nimmt,
Den Meistersingersaal zu schaun.
Der Kaiser hat schon viel erfahrn,
Der Welfen und der Welschen Zier,
Doch wird er Kind in hohen Jahrn,
So herrlich ist die Anmut hier.

Die Töne, drin das Aug dem Ohr
Nicht fürder widersprechen will,
Schalmeien, edel und sonor
Von butterweich bis hart und schrill,
Die Harf erzählt, die Laute träumt,
Gedrehte Leier dröhnt massiv,
Das Trumscheit schnarrt, die Fiedel schäumt,
Die Engel gehn im Portativ.

Die hohe Kunst der Falknerbeiz,
Die Frau mit einem Lamm im Arm,
Der keuschen Liebe zarter Reiz,
Ein Säulengang, mit Schilden warm.
Das Wappen, das so viel erzählt
Vom Wolf, vom Wurm und vom Gebet,
Die Hand, die Leu und Lilie wählt,
Und was am Tor des Todes steht.

Der Kaiser träumt, als sei er hier
Am Ziel von seinem Kampf ums Reich,
Die Holdesten, die im Spalier
Dem Weinlaub und den Trauben gleich
Ihm zeigen, wie in Unstrutaun
Die hohe Minne gleiß und blink,
Und so als wärs ein Morgengraun
Vergehn die Tage wieselflink.

Der Graf säumt keinen Augenschein
Derweil zu rufen, was ihm Welt,
Von Salza, Treffurt, Blankenhain,
Von Heldrungen und Kranichfeld.
Die Herrn von Vitzthum, Orlamünd,
Von Lobdeburg und von Arnshaugk,
Daß jeder hier gewappnet stünd,
Im Harnisch und mit offnem Aug.

Auch Schwarzburg, Gleichen, Eckenstätt
Und Kirchberg, Stolberg, Bleichingen,
Es nahe, wen kein Höllhund kett,
Wen hoch und schlicht der Codex kenn.
Im Schmuck und Glast der Waffen nah,
Was Adel trägt in diesem Land,
Was unverzüglich auch geschah,
Der Landgraf war als hart bekannt.

Drei Tage sind verflossen nun,
Der Graf tritt vor den Kaiser hin:
Eur Dienstmann wollte faul nicht ruhn,
Mit meinem Werk ich fertig bin.
Der Kaiser seine Stirne wiegt,
Und schweflig brennts im Nasengrund,
Jedoch die Neugier dann obsiegt,
So tritt er auf des Söllers Rund.

Das ist ein Schauspiel: Mann für Mann
Die Mauer dräut mit harter Wehr,
Die Bannerträger, Fähnlein dran,
Die hohe Kunst von Treu und Ehr.
Sie stehen alle, hart wie Stein,
Unüberwindlich alt und jung
Im ersten roten Sonnenschein
Im Grau der Morgendämmerung.

Da spricht der Kaiser tief gerührt,
Noch schönre Mauer sah ich nie,
Wer solche Scharn im Felde führt,
Dem ists nicht eitle Prophetie,
Daß tausend Jahre Kampfeszeit
Nur Flämmchen vor des Reiches Glut,
Weil nicht von Stein die Ewigkeit,
Sie dauert an im Heldenmut.