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Aus »Unstrutleuchten. Zweites Buch«. Gedichte 2020   Vers 46968 bis 47051

FREYBURG


I

Wer mit der Unstrut fährt durchs Land,
Den grüßt der Dicke Wilhelm: Ei,
Daß diese Berge reich und frei,
Macht dir mein dicker Bauch bekannt!

Ich streite nicht, es sei wies sei,
Solang der Welt der Wein nicht schwand,
Ein jeder noch den Tropfen fand,
Der ihm ein Stück des Himmels leih.

Ich brauch ihn seltner mit den Jahrn,
Wo ich auch ohne Trunk schon schwank,
Und manches Bild, das ich erfahrn

Im frischen Mut und manchmal krank
Mich zog aus Sumpf an eigenen Haarn.
Am Ende bleibt doch nichts als Dank.


II

Am Keffer sprach die wilde Birn
Mir einst von Freyburgs sattem Grün,
Nun sind getan der Unstrut Mühn,
Doch lieber war sie mir als Dirn.

Die Träume reifen und verblühn,
Und folgst du Ariadnes Zwirn,
Wird dich am Ausgang Tag verwirrn,
Denn erst im Licht sollst du verglühn.

Wer reist, der irrt, wer irrt, der lebt,
Die Weisheit ist ein Totenkranz,
Und wenn der Wein dich nicht mehr hebt,

Bist du zuletzt im Glück der Hans.
Wer alles gibt und nichts erstrebt,
Ergibt zuletzt sich selber ganz.


III

Sonette schrieb ich oft und früh,
Wer einmal sprang auf diesen Trip,
Der sorge, daß der Sud nicht kipp
Und stets dieselbe Bohne brüh.

Grad wie das Spiel von Hirt und Kripp
Sich dreht, solang die Kerze glüh,
Wird allzuleicht, was anfangs Müh,
Und auch die Form ein fader Tip.

Mir wird die Weinstadt nicht zum Lied,
Weil sie nicht standhält der Ballad,
Drin Rotbart früh die Mannen sieht.

Ja, wer ins Mittelalter trat,
Dem scheint gering, was heut geschieht,
So wird der Traum zum Feind der Tat.


IV

Im engen Tal die Nordwand schützt
Die südliche, das mag der Wein.
Der Sonne froh, doch sonst ein Schrein,
Im Bettchen, aber unbemützt.

Was uns beschert der Sonnenschein,
Das wird von dunklem Strom gestützt,
Fehlt eins dem andern, wenig nützt
Das eine ohne zweites Bein.

Ich denke an die Genesis,
Wo Gottes Geist auf Wassern schwebt,
Nichts scheint so sehr wie dies gewiß.

Aus Wasser ist die Welt gewebt
Mit lichter Nadel Finsternis
Verwundend, daß sie pulst und lebt.


V

Am schönsten sind am Weinberg doch
Die Erker, Fachwerk, braun auf weiß,
Wie Sonnensaft, gekühlt auf Eis,
Die Kehle macht zu einem Loch.

Es ist zwar heute nicht so heiß,
Rotkäppchen hier versucht mich doch,
Der Wolf aus seiner Höhle kroch,
Sag ich im Scherz, drauf du: Beschreis!

Der Kluge und der Lust-Instinkt
In Freyburg heut noch einmal laut,
Doch überm Horizonte winkt

Die Wolke, die schon lange schaut,
Obleich im Gold die Unstrut blinkt,
Noch zögert, aber bald sich traut.


VI

Ein Regensommer gab uns Zeit
Zur Fahrt am Wasserweg des U,
Zwar oft zog sich der Himmel zu,
Doch groß war auch die Heiterkeit.

Wer mit dem Wetter steht auf Du,
Wer fleißig, daß er Schmerz vermeid,
Der kennt auch Freude nicht, weil Leid
Ihr Bote ist und Wanderschuh.

Drum kühlt in Freyburg nicht der Wein,
Das Wasser tuts vom Himmel her,
Und anders dürfte es nicht sein.

Es kümmert uns auch nicht so sehr,
Wir wollen uns der Welle weihn
Und fühln wie unterm Unstrutwehr.