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Aus »Unstrutleuchten. Zweites Buch«. Gedichte 2020   Vers 45992 bis 46109

UNTERM BRONZEMOND


I

Vorwerk unterm Wendelsteine,
Dreiseithof im grünen Wuchs,
Schläfrig selbst im Sonnenscheine,
Doch bekränzt mit Laub vom Weine
Deuter stehn des Vogelflugs.

Heute ist der Tag der Ernte,
Orpheus stiftet Frist und Maß,
Dämmernd bis ins hell Besternte,
Trifft das Nächste das Entfernte,
Andacht, Stil und Heidenspaß.

Dichterwort in Volk zu bringen,
Das in Mode und Musik
Sucht der Seele Adlerschwingen –
Könnte solches Stück gelingen?
Ists modern oder antik?

Der Kreator des Spagates
Baal, halb Philosoph, halb Clown,
Fügt am Markte wie Sokrates
Vages neben Akkurates
Und zeigt sehr viel Gottvertraun.

Welchem Gott ist unentschieden,
Bei den Wenden gräbt er grad,
Wie in Jahrn die Promethiden
Sucht mit allen er den Frieden,
Nur bislang nicht mit dem Staat.


II

Zu verheißnem Erntefeste
Trudeln mählich ein die Scharn.
Wer hier mitwirkt, wer die Gäste?
Nach dem Trödeln scheints das beste,
Daß wir nicht die letzten warn.

Schilling naht mit seinem Clane
Eher spät, doch der Beginn
Weiß noch immer nichts vom Plane,
Groß geschrieben das Spontane
Mancher draußen, andrer drin.

Landsknechttrommel wirbelt endlich
Neunzig Hörer in die Hall,
Am Matrosenhemd erkenntlich,
Nolte liest sehr gut verständlich,
Weil so still die Leute all.

Auch die Kinder spürn die Weihe,
Wo das Wort geformt und pur,
Nichts erinnert an die Schreie
Metberauschter Schwarzhemdreihe
Als Essenz der Subkultur.

Daß die jungen Leute spüren,
Dies ist mehr als Witz und Spiel,
Daß die Bilder sie berühren,
Sie begehrn, man mög sie führen,
Zeigt vom Traum der Schlichten viel.


III

Orphisch Dreibund hat geladen
Heimatsuchende Nomaden
Hier zu Grill und Klampfen-Feuer.
Sei dem Feste roter Faden,
Was dem Geiste kann nicht schaden
Und dem Beutel nicht zu teuer.

Sparsam bei der Wahl der Weine,
Unbescheiden beim Programme,
Wer vom Born des Orpheus stamme,
Darf nicht fehlen hier am Steine!

Neune so wie Odins Nächte,
Neune, die im Herzen Echte,
Sollen auf der Bühne singen,
Daß vergessen sei das Schlechte
Und man lang des Tags gedächte,
Und entfalte weitre Schwingen.

Stolz macht dieses Fests Erfinder,
Daß der Photograph besiegelt,
Schilling, Lammla sind entigelt,
Baal und Nolte ihre Kinder.


IV

Unstrutdunst umwallt
Unterm Wendelstein,
Was zur Nacht Gehalt
Fand im Unstrutwein.
Was am Feuer preist,
Daß uns nicht geschont,
Der uns singen heißt
Unterm Bronzemond.

Ob der Vagabund
Wandervogelsinn,
Herbst und Abschiedskund
Senkt Gitarren-hin,
Seitner Sonnenkind
Frägt, ob Liebe lohnt,
Wir vereinigt sind
Unterm Bronzemond.

Wenn Glowatzki schafft
Neuen Volksgesang,
Zeigt sich alte Kraft
Fern vom Untergang,
Dichter unsrer Zeit
Werden hold vertont,
Und vom Krieg befreit
Unterm Bronzemond.

Wenn sich Dichter stelln,
Die so vieles trennt
In den Schein, den helln,
Der vom Feuer brennt,
Und darüber Reims
Große Eintracht thront,
Denken wir des Heims
Unterm Bronzemond.

Wenn nicht jeder Nam
Der sich tat hervor,
In die Verse kam
Und den Preiserchor:
Mancher ungenannt,
Mancher, der hier wohnt,
Steht für unser Land
Unterm Bronzemond.

Ist das Lied gebracht
Unstruts Stein und Flut,
Starrt nach Mitternacht
Schweigen in die Glut.
Nach dem Schlaf gehts fort
Hin, wo jeder front,
Doch er trägt den Ort
Unterm Bronzemond.