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Aus »Unstrutleuchten. Zweites Buch«. Gedichte 2020   Vers 45872 bis 45991

WENDELSTEIN


I

Hohes Wort, das Wand und Winde
Wohlgeformt die Mitte setzt,
Wo das Starre, das Geschwinde,
Last und Luftigkeit zuletzt
Eins erscheinen, Kern und Rinde
Nicht mehr streiten, wer geschätzt,
Was da komme, was da schwinde,
Nur die Klauen an dir wetzt.

Der Verwunschnen hoher Minner,
Ragend aus dem Grün-Gezott,
Vor Bewegtem kühler Sinner,
Hindernis für Drang und Trott:
Daß man deiner sich erinner,
Eh der letzte Traum verrott –
Der Erklimmer – ein Gewinner,
Über dir nur Himmel: Gott.

Dem Gewundnen hoher Walter,
Vor dem Wahn, daß Wandel reif,
Allen Eigentums Erhalter,
Drin die Uhren still und steif,
Nicht wie ein Vulkan, der kalter
Schmelze dankt den Himmelsstreif,
Sondern Ahnherr ohne Alter,
Drin ich Schöpfungsfrühe greif.

Treu und Glaubens hoher Mahner,
Bürge für das Wort von Stein,
Kräht kein Hahn nach abgetaner
Lösung, forderst du sie ein.
Folgert frech der Cartesianer,
Das Verknüpfen gründe Sein,
Ists dir reicherem Verzahner,
Wie der Eiche ist das Schwein.

Hohes Wort, das Wurf und Wunde
Leugnet nicht im Unstrut-U,
Was geschichtet eine Stunde,
Fügte dir nur wenig zu,
Und auch dies ging bald zugrunde
Und entpuppte sich als Schmu,
Denn dem Schwanken und dem Schwunde
Bist gewachsen einzig du.


II

Daß fünfhundert Sommer
Nicht einfach nur viel,
Braucht Sachse und Pommer
Den Rat nicht vom Nil,
Daß etwas sich ründet,
Was drin keiner sieht,
Bemerkt, wenn es mündet,
Ein jedes Gebiet.

Doch daß dieser Riese
Nicht winziger Grat
Am Murmelrund-Vliese
Im Koppernigk-Staat,
Das wissen nur Leute,
Die ganz ungelahrt,
Fürs Hier und fürs Heute
Verstand aufgespart.

Dir, Wendelstein, heller,
Sprech heilig ich laut:
Ich bleib auf dem Teller
Mit Haaren und Haut,
Du, Fels, bist kein Pickel,
Kein Staub im Gedold,
Wie Kupfer kein Nickel
Und Silber kein Gold.

Daß du nicht verächtlich,
Beweist uns der Tag,
Gelichter, das nächtlich
Die Fernrohre mag,
Es möge ihm glauben,
Wers großartig braucht,
Doch keiner kann rauben,
Was wirklich erlaucht.

Ob fünfhundert Winter
Des Schwindels zuviel?
Wer schaut schon dahinter?
Für Aion ists Spiel.
Doch uns, deren Rücken
Nicht eisern das Mark,
Darfst heute beglücken
Ganz Wendelstein-stark.


III

Als Heinrich wand sich auf dem weißen Steine
Zur grünen Ader, prunkend vor der Finne,
Da hielt er, all sein Leben fassend, inne:
Wie unermeßlich reich wars doch im Haine.

Was man nur wünschen kann vom Federviehe:
Wildente, Rebhuhn, Kranich, Wachtel, Reiher.
Dies war dem Auge fast noch größre Feier
Als aller Fleiß von Wohlmirstedt bis Wiehe.

Auch hatte er die Pfalz sehr wohl im Blicke,
Da sich das Tal verjüngt an steilem Hange,
Ihm war gewiß um tausend Jahr nicht bange,
Doch anders liefen seither die Geschicke.

Den Tod im Kloster konnte er nicht ahnen,
Auch daß sein Sohn die Königswürde dehnte,
Dahin, daß bald im ganzen Reich der Zehnte
Von Welschland ward beschattet mit Soutanen.

Mag sich Historie beugen den Cäsaren,
Ich rufe Heinrich Heil, dem deutschen König,
Mit ihm allein, den Wendelstein verschön ich,
Das Spätre will dem Leser ich ersparen.


IV

Wir stiegen nicht hinauf die Wendelpfade
Zu all dem Hoffen, das der Fels getragen,
Es krächzt nicht wie am Kyffe hier der Rabe,
Auch keine Queste wartet auf die Gabe,
Die unsre Münder auszusprechen haben.

Es sei der jüngste Frevel nicht verschwiegen,
Ein Funktionär, der Linkspartei gar, kaufte
Das Areal, hat sich dazu verstiegen,
Daß Losungen sich dort im Winde wiegen,
Die lesend mancher sich das Haar ausraufte.

Ich sehe nichts, vielleicht sind sie vom Fuße
Auch nicht erkenntlich oder grad in Wäsche,
Mich trübt nichts und ich rufe Gott zum Gruße,
Uns allen frommt für solches Treiben Buße,
Nicht Hoffen, daß man bald das Pack verdresche.

Man gebe auch der Tollheit nicht die Ehre,
Sie größten Schimpf seit Christi Zeit zu nennen,
Schon lange liegt auf unserm Reich das Schwere,
Und möglich, daß in allem bloß die Lehre,
Den Hochmut uns Verstockten auszubrennen.