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Aus »Unstrutleuchten. Erstes Buch«. Gedichte 2019   Vers 44832 bis 44911

DAMMWEGE NACHTS


Wo die Unstrut wenig fällt,
Zufluß, Arme und Kanal,
Alles sich in Waage hält,
Wird zum Labyrinth das Tal.
Wo die Landschaft wie ein Brett,
Gibt es Kerbe nicht und Klamm,
Ausgefranst das Wasserbett
Und die Rettung nur der Damm.

Welcher mag der rechte sein,
Der uns führt nach Sömmerda?
Sternenlicht und Mutigsein
Lösen nicht die Algebra.
Wer nur eisern durchmarschiert,
Hurtig lassen will den Hamm,
Seine Richtung leicht verliert,
Daß er auf dem falschen Damm.

Steile Hänge, Dornenwuchs
Dulden keine Korrektur,
Wer des Ikaridenflugs
Unkund, stapft und grummelt nur.
Keine Lieblichkeit beäugt,
Daß ihm schwell der Hahnenkamm,
Und der Weg allein bezeugt,
Daß auch dieser Damm ein Damm.

Meilen, diesem Tag geplant,
Sind schon mindest anderthalb,
Und kein gutes Ende schwant
Uns, die Hoffnung wird schon falb,
Daß der Wirt das Nachtquartier
Aufschließ ohne viel Tamtam,
Wenn wir endlich früh um vier
Finden auf den rechten Damm.

Wieder Abzweig, Biegung, Zaun!
Hin und her im Sternenlicht!
Meistens ist recht weit zu schaun,
Aber tröstlich ist das nicht.
Vor den Zeichen längs und quer
Stehn wie Haushahn oder Lamm
Jene, die von weiter her
Wanderten als nur vom Damm.

Nun gehts wieder schnurgerad
Niblungtreu durch Nirgendwo,
Fühlbar wird die Wandertat,
Und wie Gold erschiene Stroh.
Auch der Rücken lauter zählt
Des Gepäckes Kilogramm,
Und schon wieder wird gewählt
Hoffentlich der rechte Damm.

Wir erinnern uns, der Tag
Ward schon von der Bahn bestreikt,
Daß kein Segen auf ihm lag,
Sich in jeder Weise zeigt,
Ob uns Häßlichkeit befocht,
Ob Asphalt, ob Regen-Schlamm,
Nimmer fiel der Kerzendocht,
Und er fällt nicht auf dem Damm.

Scharfe Biegung rechts, es geht
Auf zum Fluß, dem wir getrennt,
Daß da bald ein Vorwerk steht,
Keinen Zweifel ich verschwend.
In der Tat, Kultur und Zweck
Zeigen sich im Lichtgeflamm,
Und nun steigt aus dem Versteck
Eigenhold der Unstrutdamm.

Stählern brückt den Unstrutwurm
Ein Konstrukt mit Nieten rings,
Was sich krönt im Eiffelturm,
Auch beim Müller hier verfings.
Doch wir finden kaum adrett,
Daß dies Kaiserzeit entstamm,
Denn wir wollen nur ins Bett,
Runter auch vom letzten Damm.

Minotaurus Sömmerda,
Zeig dich, eh noch Nebel steigt!
Aleph, Beth und Omega
Ausposaunt sind und vergeigt.
Ariadne ruht im Traum,
Eh der Stier die Brust zerschramm,
Führe uns Seraphenflaum
Auf den allerletzten Damm.