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Aus »Unstrutleuchten. Erstes Buch«. Gedichte 2019 Vers 44303 bis 44406 THAMSBRÜCKER ABLASSFEST Kommst du im Juni nach Thamsbrück, Bieg leicht am Wehr der Unstrut ein, Dann wundre dich ein gutes Stück, Hier schaukelt niemand Wams und Bein: Es wird gezimmert und geputzt, Gefärbt, gewienert und geweißt, Der Grund sei Ablaß, und verdutzt Weißt du nicht recht, was dies wohl heißt. Daß man sich rühr um Schuldigkeit, Erscheint dir recht gut lutherisch, Jedoch das Wort aus jener Zeit Ist wie ein Frosch am Küchentisch. Am Sonntag vor Johanni wird Der Johann Tetzel aufgestellt, Der meinte, wenns im Kasten klirrt, So gäbs das Seelenheil für Geld. Eh Mühe weicht dem Geist des Weins, Gemustert wird die Bürgerwehr, Dies seit dem Juno fünfzehneins, Dem Bürgermeister singt das Heer. Am Morgen drauf die Waffen gehn Mit hohen und gemeinen Leut Ins Ried, wo grüne Bäume stehn Und alles sich am Tanz erfreut. Fanfare! Sich die Mannschaft teilt. Zwei Haufen und der Fahnen zwei. Zum Riedtor und zur Brücke eilt Der, daß die Stadt verteidigt sei. Der zweite Haufe drängt hinein Mit Schreckschuß und mit Handgemeng, Und wenn geschickt sind die Partein, Zieht sich die Sache in die Läng. Das Ende ist dann regelhaft Verhandlung und Versöhnlichkeit, Nun trinkt man mit vereinter Kraft Auf den vereint bestandnen Streit. Die Tetzel-Puppe schaut vom Dach Deß, der Noviz im Ehestand, Als prüfe sie vergangne Sach, Ob abfall nicht ein Sündenpfand. Am dritten Tage ists genug, Auf grünem Karrn gehts durch die Stadt, Bis von Betrüger und Betrug Das Volk genug gesehen hat, Vorm Rathaus gibt als Plädoyer Der Tetzel Knittelvers und Reim, Wer macht, daß man ihn auch versteh, Bleibt unsichtbar und ganz geheim. Die Red ist bitter und gekränkt, Von denen, wo ein Ablaß not, Nicht einer an den Helfer denkt! Die Welt ist gänzlich aus dem Lot! Da wird geschlemmet und gepraßt, Da wird getanzt und gar geküßt, Das Fegefeuer hat euch fast, Weshalb ihr endlich zahlen müßt! Vor Lachen krümmt sich klein und groß, Doch mancher mag es gar nicht sehn, Er stellt so manches Laster bloß Und endet mit »Auf Wiedersehn!« Nun geht es galoppierend straff Durchs Tor und nach der Unstrut zu, Wo man ersäuft den bösen Pfaff, Und dann ist eine Weile Ruh. Der Sündenhändler aus der Stadt, Jedoch die Sünde ging nicht mit. Obs Mitternacht geschlagen hat? Der Blocksberg hier, Gespensterritt? Vermummte gehn, die Maske stiert, Ein Schneider, der phantastisch grell Mit Bügeleisen ausstaffiert, Tut dunkles, wos doch mittagshell. Der Teufel, schwarz Gesicht und Horn, Sonst ganz in rot mit Dreizack drauf. Ein Birkenwagen, Traktor vorn, Hält einen Mühlentrichter auf. Des Teufels Irrenpfleger weiß Zerrn über Leitern beiderseit Die Leute und auf sein Geheiß Kopfüber in das Mahlgebreit. Zwar ist, wenn erst der Leib verschwand, Der Hinterausgang freier Paß, Doch wo dies völlig abgewandt, Erscheint die Szene ziemlich kraß. Ob ganz vermummt, ob ungeschminkt, Der nächste in dem Trichterguß An Waden angefaßt versinkt, Und Opfer gibts im Überschuß. Was soll das Spiel bedeuten, da Der Teufel werkt fast maschinell? Nur Tradition und Spaß-Trara? Die Lust, daß einer gerbt das Fell? Man denkt an Münster, wo nach Fall Der Tetzeliden kam das Beil, Wenn bricht ein ungerechter Wall, Dann kommt nicht unbedingt das Heil. Doch sei dem Volk wie jungem Wein Der Spaß gegönnt am Mummenschanz, Der Dichter will besonnen sein Und nicht verlieren sich im Tanz... Doch ach, nun hat man ihn entdeckt, Die Kraft der Pfleger ist enorm, Und in den Trichter wird gesteckt, Der Reime liebt und gute Form. |