|
Aus »Das Jahr des Heils«. Gedichte 2006 Vers 16776 bis 16836 ACTIO SPES UNICA Im Hundertjahr der Ingenieure Fand Gut und Bös manch Wechselbad, Konstant blieb nur, daß Knab und Göre Heißt lästern man den Priesterstab. Und die Partein und die Programme So kunterbunt hat nur geeint, Daß man die Tradition verdamme Und daß die Kirche ist der Feind. Da wird so manchem Glaubensdiener Die Brust zu eng, das Los zu schwer, Und neunmalklug spricht ein Schlawiner, Es muß ein neuer Konsens her. Bald trifft man sich zu Kuschelrunden Im guten Willen selig blind. Man spricht nicht mehr von Christi Wunden, Man preist Reform und frischen Wind. Auf Kanzeln und in Seminaren Sind Fortschritt und das Mehrheitswort Zu scheiden nicht den Engelsscharen, Und Diskussion wird Spaß und Sport. Ob bösem Spiel die gute Miene Die Spur in beßre Tage führ? Hier nutzt der Teufel nicht Kamine, Denn weit weit offen steht die Tür. Wenn Wahrheit nicht mehr Wahrheit heißen, Und jede Meinung prunken soll, Wird Satan jeden Zaum zerreißen, Verdummte Menge findets toll. Statt festzustehn in dem Gefechte, Wird Pfarrer Milch gar suspendiert, Weil er beharrt auf alte Rechte Und vor dem Zeitgeist nicht pariert. Die Schar ist klein, die sich das Erbe Bewahrt im Jacobinerreich, Sie lobsingt, ob auch draußen werbe Die Bruderschaft von frei und gleich. Wenn alles fällt und sich verflüchtigt, Darf dies die Lehre nicht berührn, Denn wenn der Feind das Denken züchtigt, Wird er zu jedem Tun verführn. Es gilts die Worte reinzuhalten, Sonst bricht der allerletzte Damm, Und trennt die Kirche sich vom Alten, Dann wie ein Blatt von Ast und Stamm. Respekt gebieten Mut und Treue, Doch bannt die actio konsequent Als Ketzerei die Neuzeit-neue Kultur, die sich nach Luther nennt. Doch wer Paul Gerhard hört und Fugen Von Bach, der ist den Tränen nah Und ahnt, daß Engelsflügel trugen Den Traum, den der Gebannte sah. So hofft mein Herz, die Glaubensstreiter Wärn in der Frag, ob Rom allein Zum Heile führ, ein wenig heiter Und ließens Gottes Urteil sein. Dann könnte ich mit ihnen fechten, Denn der uns spaltet, will das Nichts, Und ging der letzte der Gerechten, Schallt die Posaune des Gerichts. |