Willkommen

Lebenslauf

Aktuell

Werke

Publikationen

Audio

Leserstimmen

Besucherbuch

Impressum
 
voriges Gedicht nächstes Gedicht

Aus »Der Weiße Falter«. Gedichte 1992   Vers 6643 bis 6740

ALMANDIN


I

Verzweiflung tobt, Geschrei, Zerstörungswahn.
Der Pöbel plündert. Ins Gemach bricht Feuer.
Die Erde wankt. Ergebenheit Getreuer
Zerbricht, doch nicht der Schatz aus Sirian.

Ältester Macht entschlüpfen Ungeheuer
Durch Mürbes, das der goldene Titan
Beglüht hat und begrünt der große Pan,
Und hausen, daß der Rat den Göttern teuer.

Dich aber führt in deinem Ring das Steuer,
Dich faßt bei deinem Gang durch Hof und Scheuer
Die Gorgo nicht noch der Charybde Zahn.

Du zahlst der Natter, die dich hegt, die Heuer,
Singst toten Göttern und den Aufbruch neuer,
Und der dich feit, erkennt in dir den Schwan.


II

Wenn Jove und Saturn im letzten Zeichen
Des Winters, hilft kein minderer Granat,
Und wenn das Reich von Papst und Zölibat
Zu büßen hat für die gefällten Eichen,

So sei getrost und Wolf im Hühnerstaat,
Und birg die Meisterwerke durch die Speichen
Der Zeit, der seine Hoheit zu vergleichen
Nicht ansteht dem, der Orpheus dort vertrat.

Für jene, die mit der Potenz von Leichen
Am Quell, für Echtes blind, vorüberschleichen,
Sei das Gelächter des Homer parat.

Doch Plünderer, die sich des Heros Reichen
Zu nahn getraun mit der Moral von Scheichen,
Vertilg der Stein mit Blitz und Attentat.


III

Wenn obere und untre Hydra kosen,
Das Firneis auf den Samenströmen thront,
Wenn Helios Weib wird und im Dunkeln front,
Gähnt die Chimaira aus Pandorens Dosen.

Wenn Hades selbst sein Requiem vertont,
Die Schatten treiben durch Alleen und Gosen,
Wenn sich zur letzten der Metamorphosen
Der Pfeil empörte, dem zu folgen lohnt,

So führ den Pegasos, den fessellosen,
Zum Atlas durch des Okeanos Tosen,
Der wund den Schwan Apollons nicht verschont.

Und decke dich im Marmorgrund mit Moosen,
Wo dich der Omphalos bekränzt mit Rosen
Und sternengleich die blanke Haut bewohnt.


IV

Du bist der Narr der einundzwanzig Pforten,
Der durch die Schale, die das Weltei deckt,
Lautlos hindurchgeht, Hieroglyphen weckt
Und der sie führt als magische Eskorten.

Du hast des Pfauen leichtes Blut geschmeckt,
Du kennst den Winzer und du prüfst die Sorten,
Du trägst im Sack, verziert mit Silberborten,
Den Stein, der selbst des Tigers Mut erschreckt.

Wo Sichel, Dreizack, Krummstab mit verdorrten
Seekräutern, die dir Wind und Wellen horten,
Verschwistert und der Salamander heckt,

Sind Leu und Lilie eins in Zauberworten,
Bevor die Drachensaat an allen Orten
Aufgeht und sie verschlingt im Schlußeffekt.


V

Vertrau der Weisheit, die vom Sandelkiene
Den Raum durchweltet und im feinsten Rauch
Den Göttern frommt und dem Augurenbrauch,
Den Python weckt und die Psilocybine.

Der edle Stein birgt einer Schlange Hauch,
Im Bergkristall die weiße dir erschiene,
Die blaue schuf den Rat der Mandarine,
Und deiner fand sich ein Palladion auch.

Der Narwal spielt im Haar der Melusine,
Wenn Proteus sich mit einer Gauklermiene
Smaragden Augs vermählt onyxnem Bauch.

Doch sie, der was entsteht schon längst Ruine,
Wählt zum Gehäus die Macht der Almandine,
Darein dein Geist gefeit und heiter tauch.


VI

Noch ist es nicht die Zeit, das Floß zu sichten,
Mit dem der letzte von Atlantis stieß,
Der einst im Himmel Lapislazulis
Erscheint, eh sich die Wolken rasch verdichten.

Noch sucht der Argonaut das Goldne Vlies,
Der Narr den Stein zum Mosaik zu schichten,
Und noch versteht den Wipfelsang der Fichten
Die Schlange, die sich sonnt im Silberkies.

Noch fügt sich Klotho den Gesetzespflichten,
Und Atlas steht, ergraut in Sturmgesichten,
Ob Phosphoros auch die Posaune blies,

Und hält, den Elementenzwist zu schlichten,
Im Kern der Vierheit deinen Herzblut-Lichten,
Den großen Schlüssel, der Karfunkel hieß.


VII

Enthüll dein Sakrament der Pyramide,
Den Tag des Gauklers zelebrier und faß,
Vom Blut der Tiere und der Kräuter naß,
Das Los, für das sich Psychopomp entschiede.

An seiner Grenze glüh und glaub nicht, daß
Das Totenbuch in der Phiole siede,
Der Pytholith dein stolzes Herz befriede
Und einer käm, der Liebe tauscht für Haß.

So wandle unter flammender Ägide
Zum Hymnus dir das Heil und das Morbide
Auf Stirnen, vor der Macht des Sängers blaß,

Bis du zuletzt, die Götter leid, im Riede
Den Schwan des Zeus zerfetzt mit erznem Gliede,
Schwert-König stichst mit deinem letzten As.