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Aus »Wiprecht von Groitzsch«.   Vers 71257 bis 71352

ERSTER AUFZUG. FÜNFTE SZENE


Albuin, Walrab.

ALBUIN: Gelobt der Herr und seine Hirten munter!
In diesen Zeiten ists nicht selbstverständlich,
Grad hier im Osten drüber gehts und drunter,
Die Ritter treibens räuberisch und schändlich.

WALRAB: Doch freilich vor dem trüben Hintergrunde
Sei Balsam uns der Grundstein frommer Werke,
Der große Hertweig kommt zu dieser Stunde,
Daß er das Beste hier im Land bemerke.

ALBUIN: Ich kann es freilich immer noch nicht glauben,
Daß Wiprecht wollt der Kirche sich versöhnen,
Man streitet sich, ob Morden oder Rauben
Ihm lieber oder Opfer zu verhöhnen.

WALRAB: Ich gab ihm Butsin und elfhundert Hufe,
So viel ist not für seine harten Mannen,
Ich geb nichts drauf, ob er in üblem Rufe,
Es freut mich, daß wir eine Faust gewannen.

ALBUIN: Im Zangengriff von Böhmen und von Sachsen
Das Osterland braucht ohne Zweifel Führer,
Doch daß wir unserm Spielball-Stand entwachsen,
Sind hilfreich nicht der Zwietracht böse Schürer.

WALRAB: Es stehn die Ritter nicht gerade Schlange.
Wer kommt vom Rhein, die Saale zu befrieden?
Die von euch allzurecht benannte Zange
Zu brechen, ist dem Heimischen beschieden.

ALBUIN: Und wenn auch, aber der? Vom ersten Tage
Hat man den Sporn als Plünderer gesichtet,
Bei Belgern nahm er alles, was man trage,
Und was nicht tragbar, Feuer hat vernichtet.
Der Meißner setzte nach, doch Wiprechts Leute
Durchbohrten mit dem Speer den Bannerträger,
Die Blutspur setzt sich fort und zwar bis heute,
Da braucht es keinen Spürsinn, keinen Wäger.
Bei Nohnte barg er sich im Dorfe Lippen
Und kam nach Zeitz, den Ezelin zu spießen
Und siebzehn weitre sah man stehn und kippen,
Die Elster müßte rot noch heute fließen.
Der Hageno floh in Sankt Jakobs Mauern,
Doch Feuer trieb ihn raus, wo er geblendet.
Wem sollte nicht bei solchem Frevel schauern?
Wer hat die Kirche je so arg geschändet?
In Flarchheim stand dem Böhmer er zu Seite,
Er machte den Prozeß und zwar den kurzen,
Der Gau von Nisen lohte in der Breite,
Denn Wiprecht brennt von Leipzig bis nach Wurzen.
Er sichert sich des Kaisers Einvernehmen,
Und Beterich von Teuchern wird erschlagen,
Für solche Blutlust fehlen mir die Schemen.
Wie kann das Land nur so viel Blut ertragen?
Den Eckebert von Braunschweig hat er lange
Gehetzt und die in dessen Diensten standen,
Hat er gesucht, daß er sie treff und fange,
Bis auch die letzten Tod im Schlamme fanden.
Da einer mit dem Speer ihm traf den Kiefer,
Hat er mit Wucht den Schädel ihm gespalten,
Da fällt mir ein kein krasseres Geziefer,
Und keine Bestie, die nicht aufzuhalten.
Auch fiel der Markgraf selber vor dem Rasen,
Zwar deckten ihn die Mannen im Gewühle,
Doch Wiprecht läßt das frömmste Lamm nicht grasen,
So starb auch Eckebert in einer Mühle.

WALRAB: Ihr sprecht parteiisch, denn die Gegnerischen
Warn auch nicht grad ein Bild von Christi Milde,
Die Wendenfürsten söffen an den Tischen,
Trieb sie nicht Kraft, die ihr verdammt als wilde.
Die Welt gehört dem Schwert in allen Landen,
Und glücklich muß man sein, wenn in der Aue
Der Glaube und die Macht zusammenfanden,
Daß man der Liebe und der Einkehr baue.
Wir wollen beten, daß des Heilands Gnade
Auch Ritter führ zur Einsicht und zum Dienen,
Das Krumme macht nur unser Herr gerade,
Wir können nur gebrochne Knochen schienen.

ALBUIN: Ich werd dem Kloster meinen Segen spenden.
Ich könnts, da Hertweig kommt, auch nicht verweigern,
Doch glaub ich nicht, daß uns die Schmerzen enden,
Im Gegenteil, er wird sie nur noch steigern.
Erst wenn der Kaiser, was durchaus im Rahmen
Des Möglichen, den Dienstmann hart läßt fallen,
Verliert die Furcht, die herrscht in Wiprechts Namen,
Den Adlerschnabel und die Löwenkrallen.

WALRAB: Der Kaiser, der seit Jugend ist umstritten,
Hat gleichwohl sich behauptet viele Jahre,
Er weiß zu strafen und er weiß zu bitten,
Und ungebeugt bleibt er mit weißem Haare.
Solch langer Weg braucht treffliche Vertraute,
Und wenn er einen Mann wie Wiprecht hegte,
So gab ihm recht wohl das Vorhergeschaute,
Es war kein Narr, der diese Zeit bewegte.

ALBUIN: Der Herr ist ewig, doch in Menschendingen
Wird alles her- und wieder hingeschmettert.
Wenn Winkel ihm und Prüfungen gelingen,
Wer weiß, was morgen stürmt und hagelwettert?
Die Weltgeschichte kann man erst beschreiben,
Wenn alle Reiche sind in Schutt gesunken,
Und Gottes Wege offen sich verleiben
Im Licht, das heut im Herzen ist ein Funken.