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Aus »Wiprecht von Groitzsch«. Vers 70961 bis 71012 PROLOG DEDO: Wenn einst die Prüfung unsrer Heilandstreue Zur Spitze drängt bei lästernden Propheten, Wenn man verlacht die Buße und die Reue, Und Irre heißt, die glauben noch und beten, Wenn Kunst und Ruhm als Mägde steht für Sünden Und nur dem Grad der Tollheit gilt die Wette Und alle Zeichen unsern Wunsch begründen, Der Heiland käm, daß er die Schafe rette, Dann mögen die Annalen, die ich kritzel Erklären, was im Sorbenland begonnen, Denn nach Vergangnem dingt man keine Spitzel Und nur die Schrift bleibt von erloschnen Sonnen. Erst herrscht der Wald total und ungemütlich, Dann kommen Mönche, die da baun und roden, Erst teilt man sich das so Errungne gütlich, Doch mit dem Reichtum kommen Putz und Moden. Solang der Wald ist groß und unvermessen, Kann stets der Züchtge fortziehn und beginnen, Doch sind einst Bär und Luchs und Wolf vergessen, So sucht der Mensch den Menschen zu gewinnen. Dann läßt man Gottes Größe nicht mehr gelten, Weil man begehrt die unbeschränkten Rechte, Dann wird man die Verächter Goldes schelten, Denn selbst die Fürsten sind dann Goldes Knechte. Die Kirche wird ein Warenhaus zu trösten, Wo die Doktoren jammervoll versagen, Die gleichwohl, wo noch Odem weht, die Größten, Weil alles lechzt nach Jahren und nach Tagen. An jenem Ende soll man lesen dürfen, Wie alles anfing, als noch unentschieden, Was wir vom Acker und im Berge schürfen, Und glaubhaft schien, es stelle uns zufrieden. Das Kloster Pegau dankt sich einer Fülle Von großen Taten, Gott und Mensch zu Ehre, Und eh Vergessen schweigend drum sich hülle, Ich schlicht zu schildern diese Zeit begehre. Gewißlich ist bei Licht auch tiefer Schatten, Den Edlen, dem wir danken Mut und Segen, Die Sünden überm Herz gefesselt hatten, Als er den Grundstein ließ zum Werke legen. Doch so hat Gott die Welt uns eingerichtet, Die Kraft, die uns entreißt dem dunklen Rachen, Hat nicht allein den Kleinmut rings vernichtet, Sie mußte selbst die Fahrt ins Dunkel machen. Drum hört vom Kriegsmann und vom Lanzenbrechen, Von Kirchenbrand, vom Wüterich der Rache, Und seht den Plan des Weltenlenkers sprechen, Daß er die Wut zu goldnem Korne mache. Wo unsre Hände säen, ernten, beten, Brauchts auch die Großen, die uns fürchten lassen, Was Wechsel heischt und was sich fügt zum Steten, Der Herr allein vermags in Form zu fassen. |