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Aus »Götzenspiele. Tragödie«.   Vers 70840 bis 70960

FÜNFTER AUFZUG. SIEBENTE SZENE


Verhörraum.


Götz, Elsässer, Olearius, Maria.

ELSÄSSER: Wir haben deine Schwester eingeladen,
Daß unser guter Wille sei bekräftigt,
Auch wahrt dein Anwalt dich vor jedem Schaden
Und niemand sonst soll hörn, was dich beschäftigt.
Wir haben auch das Tonband abgeschalten,
Sieh an, der Stecker lümmelt vor der Dose,
Vergeßt mich nun, ich schweige ganz verhalten,
Daß ihr die Eintracht spürt als makellose.

MARIA: Herr Jesus komm in diese Kerkerzelle,
Du sagst, bei zweien seiest du der dritte,
Die Finsternis mit deinem Licht erhelle,
Wir preisen dich, daß du in unsrer Mitte.

GÖTZ: Es ist zu spät, sie haben mich geschlagen,
Ich bin nur noch ein Schatten, schwach zu künden
Von großen Träumen und vergangnen Tagen,
Die nun in dich, mein Herr und Heiland, münden.
(macht eine Geste, daß Maria ihn nicht unterbreche)
Ich muß dir beichten, daß ich hab gelogen,
Nicht ins Gefängnis fuhr die Fahndungsfalle
Den Götzen, nein, er ward begrabscht, gewogen,
Der Zahn befühlt, dann Leber, Herz und Galle.
Ich fiel unter die Ärzte, erst nach Tagen
Begriff ich, daß ich nun im Irrenhause,
Da gab es gar nichts Richtiges zu sagen,
Im besten Fall nach einer Spritze Pause.
Was seither alles tobt in meinen Adern,
Ich habs verdrängt und darum auch verschwiegen,
Daß nicht der fehlnden Anklag galt mein Hadern,
Ich lernte, daß ich rundum kleinzukriegen.

MARIA: Vergebung will ich auch von dir erbitten
Für Weißlingen, der sprach in dunkler Stunde
Zu deinem Leid, als läs er dir Leviten,
Doch es geschah Behörden nach dem Munde.
Er starb und hat gebeichtet und es reute
Ihn ehrlich, nun sei du um Christi Willen
Ihm nicht mehr gram, daß er sich da nicht scheute,
Zu frommen einer Hexe bösen Grillen.

GÖTZ: Hat er zu dir, Maria, dies gesprochen?
Warum ist er, der fröhliche, gestorben?

MARIA: Er kam mit allerletzter Kraft gekrochen,
Elisabeth hat für dein Herz geworben.

GÖTZ: Elisabeth – wie kennst du diesen Namen?
Wie geht es ihr, hat sie mich nicht vergessen?

MARIA: Es ist nicht lang, daß wir zusammenkamen,
Und ihre Liebe kannst du nicht ermessen.

GÖTZ: Das ist sehr schön, und es versöhnt mich gründlich,
Sie ist mein Schatz, ich sollte sie verwöhnen.
Sie ist ein Lied in meinem Ohr, allstündlich
Mit Streichern und mit hartem Paukendröhnen.
Was Weißlingen betrifft, ich hab vergeben
Ihm alles, auch Juristen, Ärzten, Wärtern
Vergeb ich, was sie taten Glück und Leben,
Denn meine Sünden seh ich als die härtern.
Wenn man sich wiederfindet an der Schwelle
Zu Dunkel, zu Gericht und feinem Wägen,
Da fällt vom Licht mit einem Mal das helle,
Auf eignen Fehltritt und auf eigne Schrägen.

MARIA: Was sagt dir Bruder, daß du nah dem Tode?
Ists seelisch oder schmerzts in den Organen?

GÖTZ: Im Blute hab ich Tod, sagt der Rhapsode,
Ich spür ihn sich den Weg zum Herzen bahnen.
Das ist nicht nur der Dichter Bildgefasel,
Die Impfung heute bringt zum Überlaufen
Das Faß. Erinnerst du das Lied vom Hasel,
Wir sangen es im Heu, im großen Haufen.

OLEARIUS: Was sagt er unsern Ärzten nach, der Hetzer?

ELSÄSSER: Nicht unterbrechen, mählich wird er klarer.

GÖTZ: Ich war ja schon als kleines Kind ein Ketzer,
Was einmal wahr ist, das wird immer wahrer.
Der Elsässer hat prophezeit, gestehen
Würd ich die Tat, er taugt wohl zum Propheten.
Als Nachweis werdet ihr jetzt hörn und sehen,
Daß ich gestehe völlig ungebeten.
Denn eh ich vor den Herrn und Heiland trete,
Will ich der Welt kein Rätsel hinterlassen,
Weitschweifigkeit ist abhold dem Gebete,
Drum such ich die Erzählung kurz zu fassen.
Ich hätte gern der Kunst gedient, der reinen,
Was klassisch war, das war für mich das Schöne,
Jedoch die Tage, die uns hier vereinen,
Sie lehrten mich die unerhörten Töne.
Der Teufel wird geleugnet heute gerne,
Wir sahn ihn leibhaft in den letzten Jahren,
Wer dies verleugnet, auch nur ganz von ferne,
Der wird, so fürcht ich, bald zur Hölle fahren.
Doch wer die Schrecken nennt und dabei mutig
Ist dadurch leider längst noch nicht im Heile,
Zu sehn, die Welt ist schrecklich oder blutig
Ist der Erkenntnis leichtester der Teile.
Zu sehn, wo Hoffnung wächst am Horizonte,
Ist schwerer, denn Legion sind die Betrüger.
Ja, welche Macht dem Übel wehren konnte,
Und welche Macht der frohen Aussaat Pflüger.
Die Frage nach dem Katechon, der letztes
Uns aufhält, ist mir spät erst klargeworden
Es auszusprechen, eine Marke setzt es,
Ins allgemeine Blenden und ins Morden.
Ich sags, ich sing es, Rußland ist die Hürde,
Dran sich der Satan stumpfkratzt seine Krallen,
Nicht jeder trägt der Wahrheit harte Bürde,
Doch niemals wird das Heldenvolk uns fallen.
Solange Putin wagt als Rußlands Diener
Solange sind geheiligt seine Schritte,
Daß er vertilgt die westlichen Schlawiner,
Zeigt ihn für unsre Zeit als große Mitte.
Nicht rechts und links sind heute echte Gegner,
Wie Spalter schrein, doch ich von fern erahne
Der Völker Heiler und der Völker Segner,
Am Brandenburger Tor die rote Fahne.

OLEARIUS: Wir sollten diese Peinlichkeit beenden,
Das Deklamieren überreizt die Nerven.
Soll er noch länger unsre Ohren schänden?
Das Strafmaß wäre nicht mehr zu verschärfen.

ELSÄSSER: Götz, Schlußwort!

GÖTZ:                 Freier Grund dem freiem Volke!
So will ich es zum Augenblicke sagen,
Der Geist naht nicht wie eine Nebelwolke,
Er nutzt die Glut, die wir im Herzen tragen.
Die höchste ist die Liebe, darum meiner,
Elisabeth, der holdesten der Frauen,
Gelt letzter Gruß, und also sag mir keiner,
Ich würde mir schönsten Schluß nicht trauen.
(Er bricht zusammen.)