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Aus »Götzenspiele. Tragödie«.   Vers 69907 bis 69971

DRITTER AUFZUG. DRITTE SZENE


Olearius kommt herein, blättert in Akten, macht sich am Schreibtisch zu schaffen und kommt schließlich auf die Vorbühne.

OLEARIUS (zum Publikum):
Sie sind noch immer da? Ja, die Geschäfte
Gehn zäh. Es sind weißgott recht schwere Zeiten,
So mancher ist am Ende seiner Kräfte,
Und mancher wie verschluckt von Seltsamkeiten.
(wirft sich in eine Prediger-Pose):
Was ein Jurist zu tun hab, was zu lassen,
War lange Zeit verbindlich und verständlich,
Man sprach nicht von Eliten und von Massen,
Die Wünsche warn wie das Vermögen endlich.
Dann fiel nach Osteuropa uns die Mauer,
Goldgräberstimmung löschte die Bedenken,
Man sprach nicht mehr von Gleichgewicht und Dauer,
Die Mittelklasse wollte man sich schenken.
Der Sinn nach Ausgleich auf verlornem Posten,
Das Recht – ein Instrument und eine Waffe,
Die Dinge des Humanen wurden Kosten,
Und Pflicht, daß man wie ein Berserker raffe.
Sie glaubens nicht? Ich kenne viele Pleiten
Von Leuten, die Gerechtigkeit zu loben,
Nicht willig, daß sie nur der Mammon leiten
Vermöchte und auch jeden Drang nach oben.
Nun sind sie unten, unten in der Gosse,
Und nichts mehr gilt, nicht daß die Sonne südlich,
Nicht daß dem Leu die Tatz, dem Fisch die Flosse,
Im Unterleib wirds mählich ungemütlich.
Da hilft nur eines, mit den Wölfen heulen,
Die Kunst des Anwalts ward zur Kunst der Finte,
So taugt sein Mühen, ob man nun mit Keulen
Sich streitet oder progressiv mit Flinte.
In Deutschland hört man vom Verfassungsschutze
Verläßlich, was da links und was Geschwurbel,
Drum mach ich mir den Staats-Kontakt zunutze,
Daß niemals ich gedreht die falsche Kurbel.
Im übrigen gilt grade heut die Regel,
Steck nie die Nas dahin, wo nichts zu holen,
Der Profiteur negiert wie Friedrich Hegel,
Heut für Paris und morgen gar für Polen.
In diesem Spiel gibts freilich roten Linien,
Da hilft nur transatlantisches Gemüse,
Damit man nicht zuletzt nach Argentinien
Zu fliehen, wird Matros in der Kombüse.
Wir suchen uns die Zeit, in der wir leben
Nicht aus – wer ist schon gerne egoistisch?
Doch überm Wolkenkuckucksheim zu schweben
Ist doof, dann lieber lügnerisch und listig.
Auch hält für uns Pragmatiker Symbole
Geschichte stets bereit in großer Fülle,
Den Predigern vom Volk und seinem Wohle,
Zeig drum die volkhaft aufgeblähte Hülle.
Ich sehe mich bald selber als Poeten,
Wenn mir die Schlange taugt zum Wappentiere,
So oft verlästert und so oft getreten,
Ist sie als Opfer, das den Reinen ziere,
Geeigneter zu Lobsang und Gebeten.
Und überhaupt, was gnostisch uns geschrieben,
Zeigt, daß wir selbst uns aus dem Sumpf erheben,
Winzige Technik, in den Leib getrieben,
Bahnt uns den Weg ins göttergleiche Leben.
Das schien uns lang als Phantasie der Mären,
Doch daß der Chip und der Prozessor bahne,
Den Weg, uns ewig Leben zu gewähren,
Sprach sich herum sogar im Vatikane.
Doch eh ich weiter philosophisch schwatze,
Prüf ich die Arbeit meiner Dienst-Agenten
Denn was der Hund nicht kann, besorgt die Katze,
Und Hermes grüßt aus allen Elementen. (Ab.)