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Aus »Hermann Sterl. Ekloge«. Vers 69046 bis 69133 DRITTER AUFZUG. FÜNFTE SZENE Es wird wieder hell. Alienor, Arsenios. ALIENOR: Ach Gott, das Telephon, wie macht es bitter, Wie sind getrennt schon lang und immer länger, Ich hab vom Manne nur den kleinsten Splitter, Mein Herz ist bang und es wird immer bänger. Wie soll ich bloß mit diesem Schatten leben, Ich brauch doch seinen Mut und seine Arme, Der Apparat kann mir die Kraft nicht geben, Ich brauche seine Hand, die immer warme. ARSENIOS: O weine nicht! Der Vater ist ein Krieger Für Gott und unser Volk und für uns alle, Er steuert Wirtschaft grad so wie ein Flieger Die Feindesstellung macht zur Mausefalle. Er ist ein Held, ihm graust vor keiner Waffe, Kein Schrecken läßt die Liebste ihn vergessen, Dies ist die Kraft, die bürgt, daß er es schaffe, Die Nöte unsres Landes auszumessen. ALIENOR: Wer lehrt dich die Rhetorik nur, mein Bengel? ARSENIOS: Die Popen sind bei uns nicht Pazifisten, Und unser Heiland ist kein Friedensengel, Denn wehrhaft nennen wir den wahren Christen. Der Teufel spricht heut nicht aus alten Weibern, Aus Hexentränken oder Ketzerlehren Er sitzt in den Kanzleien bei den Schreibern Und sorgt, daß sie den Mammon nur verehren. Für dieses Ziel will alles er vernichten, Die Völker und die Sitten und die Liebe, Er denunziert den Glauben als Verzichten, Und schürt den Neid und alle Lastertriebe. Den Dank verlacht er und erhöht den Schlemmer, Er schafft Verbrauch und riesenhafte Schulden, Er nennt Musik ein blödes Eingehämmer, Und will auch nicht die kleinste Stille dulden. Dem Bauern, der allein besteht vom Segen, Versucht er bös, das Wasser abzugraben, Gefälschte Schöpfung ist sein Herrscherdegen, Die Essenden in seiner Macht zu haben. Wer also sät und erntet, ist im Kriege Mit jenem, der versucht, es zu verbieten, Er schimpft auf jeden, der noch nutzt die Stiege, Denn nur im Fahrstuhl sammeln sich die Nieten. ALIENOR: Du bist so klug und hast den Mut zu denken, Doch sei kein Heißsporn und im Herz bedenke, Der Hochmut läßt dich jedes Schiff versenken, Darum ihm niemals eine Klause schenke. Nur wenn sich Güte, Mitleid und Verzeihen Der Stärke paaren und dem weiten Blicke, Wird dich der Herr zum Friedensfürsten weihen Und lenken deine weiteren Geschicke. Du gleichst dem Vater, wie ich oft bemerke, Mach nicht die Fehler seiner jungen Jahre, Denn immerfort behindern seine Werke, Daß ihm am Anfang hat gefehlt das Klare. So danke Gott, daß er mit seiner Liebe Dir Raum gab, daß du Nahrung fandst zu reifen, Denn viel Begabtes hält sich nicht im Siebe, Weils Zeit nicht fand, die Larve abzustreifen. Ich sitze hier und sitz vielleicht noch lange, Der Vater fliegt, da kann man Schmerz verwinden, Doch in der Stille wird mir angst und bange, Ich fürchte oft, das Bild nicht mehr zu finden. ARSENIOS: Ach Mutter, du verteidigst deinen Posten Wie Vater und du stehst im selben Kriege, Wir sind doch eins, und nicht nur bei den Kosten, Auch im Triumphe und im letzten Siege. Was sind die Stunden, wo wir fast verzagen, Wenn wir sie an den großen Tagen messen, Wir kennen diese Seiten aus den Sagen, Wenn der Erzähler hat das Ziel vergessen. Wir kennens aber auch aus großen Stücken, Wenn sich die Handlung windet auf der Stelle, Dies soll uns aber auch im Herz beglücken, Denn auch ein Ende ist die große Helle. Wer Zeit nur totschlägt, kennt nicht ihre Mitte, Die auch das Warten als Erfüllung deutet, Wer nicht verhält und immerfort nur stritte, Erfährt nicht mehr, wie oft er sich gehäutet. Des Lebens Sinn ist Wandlung im Verharren, Drum gleicht das Ziel dem weit gespannten Bogen, Es ist nicht gut, aufs Ende bloß zu starren, Dann ist vielleicht das Beste fortgezogen. Wir sind doch nicht allein, wo selbst die Ziegen Uns anerkennen und uns ganz vertrauen, Drum dürfen wir das Rückgrat nicht verbiegen, Um ein Verborgnes aus der Näh zu schauen. Ich hab gelauscht, als du gesagt dem Vater, Du wiederholtest alles beim Gerichte, Da wußte ich, der Herr ist stets dein Rater, Und deine eigne eine Heilsgeschichte. |