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Aus »Muttermord. Tragödie«.   Vers 66438 bis 66497

ERSTER AUFZUG. VIERTE SZENE


Professor Späth.

SPÄTH: Der Fortschritt wird heut nicht mehr so gefeiert,
Wie es mein Mentor noch erleben sollte,
Der Deutsche, der in Umweltgruppen meiert,
Ist nicht mehr der, der rasch zum Monde wollte.
Physik ist nicht mehr Einsteins hohes Schauen,
Und die Chemie ist fast schon Schimpf und Schande,
Der Technik will kein Bürgerherz mehr trauen,
Allein der Arzt ist König noch im Lande.
Zwar stöhnt man unter den immensen Kosten,
Und spricht von Explosionen der Beträge,
Doch Pfahl im Fleisch wird keineswegs der Posten
Des Doktors mit der Nadel und der Säge.
Im Gegenteil, er soll nicht nur Mikroben
Vertilgen, die den Appetit verderben,
Auch Backenknochen werden heut verschoben,
Um engelsgleiches Antlitz zu erwerben.
Zuzeiten unken lurchenhaft die Paffen,
Man solle nicht, was machbar sei, auch machen,
Jedoch die meisten glauben an die Affen,
Und selbst die Priester müssen heimlich lachen.
Man liebt nicht anders mit dem Schweineherzen
Und uriniert so gut mit Indernieren,
Da kann man ein Ersatzteil leicht verschmerzen
Und wird sich auch bei Fremden wenig zieren.
Das Nachwuchsmachen hortet noch die Mythen
Doch knackts den Bremsern in Gebälk und Mauern,
Wer sich gewöhnt ans fröhliche Verhüten,
Der mag nicht mehr vorm Gotteswort erschauern.
So war es konsequent, daß endlich Richter
Der Abtreibung die Strafbarkeit entzogen,
In Schritten, um zu wahren die Gesichter,
Daß jeder merk, der Ansatz ist verlogen.
Erst hieß es straffrei nur in krassen Fällen,
Dann immer straffrei aber sittenwidrig,
Dann Kommissionen, die moralisch bellen,
Inzwischen ist auch diese Hürde niedrig.
Wo Unerwünschtes darf man leicht entsorgen,
Ists auch erlaubt, dafür was einzupflanzen,
Was möglich heut, das ist erlaubt schon morgen,
Denn Freiheit duldet kein Tabu am Ganzen.
Fortpflanzungshilfen werden meist verschwiegen,
Doch macht ihr Vorteil bald sie populärer,
Aufklärung hat es niemals leicht zu siegen,
Nicht lang, da rief man Neger Essenkehrer.
Das Alte sitzt geduldig in den Schädeln,
Doch Wissenschaft allein hat Argumente,
So wirds begreiflich langsam Jungs und Mädeln,
Daß sich das Erbgut vom Gefühlswust trennte.
Es schafft sich ein bewußteres Gestalten,
Wer restlos abwirft die tradierten Rollen,
Erst dann wird die Vernunft auf Erden walten,
Wenn keine Macht uns vorschreibt, was wir sollen.
Ich werds vielleicht nicht selber noch erleben,
Daß der Begatter öffentlich ein Spinner,
Doch wag ich dennoch meinen Blick zu heben,
Denn Wissenschaft war immer der Gewinner.
Daß jemand erbkrank werd für blödes Tollen,
Ist Ärger für Vernunft und Krankenkassen,
Drum sei der Mensch, wie wir ihn alle wollen,
Befreit und froh, in unsre Welt zu passen. (Ab.)