|
Aus »Muttermord. Tragödie«. Vers 67429 bis 67499 DRITTER AUFZUG. FÜNFTE SZENE Vor dem Vorhang versammelt sich eine größere Schar von Frauen in bunten Kleidern mit einem Schild »Ich habe abgetrieben.« Frau Professorin Flip, Demonstrantinnen. DEMONSTRANTINNEN (im Chor): Wir sind so frei, wir haben abgetrieben, Doch gehn wir darum nicht in Sack und Asche, Denn was in unsern Bäuchen hänggeblieben, Das zeigte nur, der Mann war eine Flasche. Wie lieben frei, wie Männer tatens immer, Wir lassen uns den Bauch nicht fremdbestimmen, Ins Kloster gehn wir nicht und nicht aufs Zimmer, So Männer uns zum Söldnerschaffen trimmen. Wir haben satt die ewig braune Suppe, Die Männern hilft, ihr Spielzeug flottzumachen, Wir waren längste Zeit die Stubenpuppe, Wir wollen was erleben und was lachen. FLIP (steigt auf ein eilig aufgebautes Podest): O Schwestern, Großes ward in harten Jahren, Doch ists bedroht und immer ärger heute, Der Feind versammelt seine braunen Scharen Und immer lauter kläfft die Doggenmeute. Doch bleibt es nicht bei Hohn und wüstem Drängeln, Man propagiert den Mord an freien Frauen, Man will uns wieder nötigen und gängeln, Und allerorten auf die Finger hauen. Man will gar Serienmörder rasch befreien, Damit sie unsre Kreise dezimieren, Da hilft es nur, in alle Welt zu schreien: Wir haben nichts, auch gar nichts zu verlieren! Bis das Gezücht der Patriarchenbande Ist nicht zertreten oder maulkorbtragend, Steht unser Haus auf angeschwemmtem Sande, Wie ein Verzweiflungsschrei zum Himmel ragend. Bald wolln sie wieder grabschen und uns heißen, Wir sollten doch die Stube sauber machen, Wir werden diesem Lumpenpack was scheißen, Und über unsre Menschenwürde wachen. (Sie nimmt ein Buch zur Hand.) Hier schreibt ein Kerl, das Weib gehör zum Herde, Wohin gehört das Buch? frag ich euch alle, Ein Ende dieser Männerfreiheit werde, Denn sonst sind wir schon alsbald in der Falle. Es gibt Verräterinnen bei den Frauen, In der Union taktiert man doppelgleisig. Da sucht man uns den Lehrstuhl zu verbauen, Und eine Frau führts an, den Namen weiß ich. Man stellt uns Fallen, daß man als Betrüger Kann öffentlich uns stellen an den Pranger, Solch blöde Weiber würden bißchen klüger, Probierten sie’s mal öffentlich am Anger. Sie sind zu dumm zum Spaß und glauben Männern, Die Frau sei nicht für ihre Lust geschaffen, Doch richtig ist: Bei diesen Sparflamm-Brennern, Treibts Frauen doch geradenwegs zu Affen. Die meisten Männer sind nur stark beim Biere, Drum sei die Politik in solchem Zelte, Wir wollen aber nicht besoffne Stiere, Wir wollen, daß die Frau dasselbe gelte. Dahin ists noch ein weiter Weg, doch Schwestern Laßt euch von Männern nicht für dumm verkaufen, Wir wollen keinen neuen Weg nach Gestern Und dabei noch ein bißchen schneller laufen. DEMONSTRANTINNEN (im Chor): Wir sind so frei, wir haben abgetrieben, Wir sorgten auch, daß es die Kasse zahle, Wir sind dabei so jugendlich geblieben Und hungrig so, als wärs zum ersten Male. Wir haltens für gesund, sich das zu nehmen, Was uns gefällt und froh macht oder freier, Man trenne sich vom lästig Unbequemen, Sonst folgt der Jammer rasch der schönsten Feier. Das Leben ist uns nicht mehr eine Bürde, Für Männer, Staaten und Soldatenjungen, Wir glauben an die hohe Frauenwürde Und geben niemals preis, was wir errungen. (Die Schar verläuft sich und der Vorhang hebt sich wieder.) |