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Aus »Muttermord. Tragödie«. Vers 66699 bis 66778 ZWEITER AUFZUG. DRITTE SZENE Orhan, Kriminalkommissar Klein. KLEIN: Sind Sie nicht neidisch, wie da mein Kollege Spazierengeht im Frühlingswind, im lauen? Wie anders sind dagegen Ihre Wege. Wie konnten Sie sich so das Glück verbauen? ORHAN: Ein Glück, das nie bestand, sich zu verbauen, Erscheint mir als Konstrukt kein Unglückwollen, Ich sollte lieber in die Bücher schauen, Als fruchtlos mit Vergangenem zu grollen. KLEIN: Es mag wohl sein, daß Sie nicht glücklich waren, Doch Ihre Tat reißt tiefer in den Strudel, Was es bedeute, scheint Ihn’ nicht im Klaren, Daß man den Dolch mit Mutterblut besudel. Wie konnten Sie die Mutter derart hassen, Daß ein Tabu, das reicht in tiefste Schichten, Nicht hinderte, die Waffe anzufassen Und Ihres Lebens Spenderin zu richten? ORHAN: Ich hasse nicht, jedoch daß sie da falle, War höhern Orts beschlossen und bestätigt, Ich war des Schicksals willenlose Kralle Und hab mich nur als Linienwart betätigt. KLEIN: Sind Sie, naja, konfessionell gebunden? Was meinen Sie mit Ihren höhern Orten? ORHAN: Nichts anderes als Sie hier vorgefunden, Die Stimme Gottes sagt sich nicht mit Worten. KLEIN: Nun schön, Sie glauben an ein hohes Wesen, Das grad mal so beschließt, wen umzubringen. Die Tat geschah sehr gründlich und erlesen – Nun soll ich wohl ein Halleluja singen? ORHAN: Ich heische nicht nach Beifall und Satire, Ich bin durch meinen Weg genug geschlagen. Es reicht. Ich denk, Sie bringens zu Papiere, Dann führe man mich runter in den Wagen. Ich hab gestanden, alles ist erwiesen, Mir wäre sehr ein Standgericht willkommen, Ich bin bereit zu dämmrigen Verliesen Hab schon gepackt, was gut wär mitgenommen. KLEIN: Mein lieber Freund, Sie werden sich noch wundern, Sie dachten wohl, Sie dürften meditieren, Verhöre, Tests, Verhöre von profundern Kollegen, bis Sie allen Stolz verlieren. Es ist nicht so, daß Haft sei eine Klause, Ein mönchisches Verborgensein im Dunkeln, Novalis gar, wir gehen nun nach Hause, Daß nicht mehr die verderbten Lichter funkeln. Sie halten uns vom Polizeidienst alle Für Tölpel, die von Bildung nichts kapieren. Sie sind der Tölpel in der Hochmut-Falle, Der Blut braucht, um den Egowahn zu schmieren. Zurück zum Thema: Was sind das für Sekten, Wo Gott beschließt, die Mutter auszumerzen, Und wer die Leut, die diesen Plan ausheckten? Ich hab genug von Rätseln und von Scherzen. ORHAN: Ich bin in keiner Sekte, bin katholisch, Für Selbstdarstellung such ich keine Bühne, Ich mags nicht rauschhaft oder alkoholisch, Für meine Tat bin ich bereit zur Sühne. Ich weiß nicht, ob mich Gott, ob Teufel führte, Es schien mir evident und ohne Weichen, Wenn ich für diesen Weg Vergeltung spürte, So soll mir dies zur Klage nicht gereichen. KLEIN: So so katholisch, ja und die Gebote? Sprach wer dem Firmling je: Du sollst nicht töten? Und dennoch meinst, das Messer in der Pfote, Daß Himmelsmächte dir den Auftrag flöten? ORHAN: Ich such nicht theologische Dispute, Was auch geschieht, es trägt in sich die Nöte, Die aufzuhellen sucht der Hochgemute, Der unbedarft, was ihm die Lichtung böte. Ich will nicht, daß man mich versteh, noch selber Verstehn, weß Licht auf meinem Wege wandelt, Die Analys macht Safran auch nicht gelber, Drum sei ich ganz gewöhnlich hier behandelt. KLEIN: Die Zeiten sind vorbei, wo man den Schlucker Hat abgeführt zum Henker und zum Turme, Wir wollen wissen: Hirn und Puls-Geglucker, Wir treten nicht mit Stiefeln nach dem Wurme. Wir foltern nicht, doch unsern Daumenschrauben Hat niemals ein Geheimnis widerstanden, Und weißt dus selbst nicht, es herauszuklauben, Sind wirksam die Methoden, die wir fanden. (Es klopft.) |