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Aus »Hinz und Kunz. Kabale«. Vers 64574 bis 64645 ZWEITER AUFZUG. ERSTE SZENE Ein Forsthaus am Waldrand mit rauchendem Schornstein. Gedämpft beleuchtet und sehr gemütlich, von einem Plattenspieler ist Beethovens »An die Freude« zu hören. Nach einer Weile hört man Autotüren schlagen, dann kommen zwei Männer durch den Schnee gestapft. Franke, Kunz. FRANKE: Gefällt es Ihnen? Sicher ohne Wanzen Und irgendwelche Lauscher an den Türen. Der Kühlschrank voll. Wir brauchen keine Schranzen, Um das Gespräch gemütlich fortzuführen. (Er öffnet eine Flasche chilenischen Rotwein.) Auf unser Wiedersehn nach langen Jahren! Die Erde dreht sich, und ich denke, richtig. Wir sind ein Viertelstündlein bloß gefahren, Nun ja, gemach – die Ruh dabei ist wichtig. KUNZ: Die Erde dreht sich recht? Ich hab Bedenken. Dies war kein gutes Jahr, das geht zu Ende. Die Jünger Stalins seh ich Fahnen schwenken, Wohin ich auch die müden Beine lenke. FRANKE (hebt sein Glas und prostet Kunz zu): Warum so müd? Vom Pilz ist nur zu sehen Der Hut, der Stiel, nicht das Myzel darunter. Da meinen Sie, er würd alleine stehen, Dabei ist doch der ganze Boden munter. Ja, wußten Sie, der Hallimasch, verachtet Von dem Gourmet und schon im Namen läppisch, Ist größtes Leben nur, weil er umnachtet Ganz im Verborgnen ausfährt seinen Teppich. KUNZ: Für Pilze ists im Jahr zu spät. Die Zapfen Sind eisig spitz und Pfützen uns zersplittern. Und wenn wir durch das Silberpulver stapfen, Sinds Stamm und Äste, die den Blick vergittern. FRANKE (stellt die Musik ab): Genug der Bilder! Das Regime zeigt Wunden, Es wollt sich etwas selbstbewußter geben. Jetzt aber ängstigt es, im Kern zerschunden, Noch mehr als jeder Tod das ganze Leben. KUNZ: Das seh ich nicht. Der Biermann ward gegangen, Und die ihm treu, sie gehen heut und später, Die Ausflucht hält uns stärker noch gefangen, Als hier im Haus der große Übeltäter. FRANKE: Der Biermann zeigt es überall den Leuten, Selbst Kommunisten stehn zu seiner Sache, Die Bonzen längst den glatten Schnitt bereuten, Es fehlt nicht viel, daß ich darüber lache. Für uns das A und O in diesem Ringen, Wie sich die Linke fortbewegt im Westen, Ich könnte Ihnen manches Liedlein singen, Daß es hier steht geradezu zum besten. KUNZ: Da fangen Sie mal an. Ich bin begierig, Vom Inneren der Welt was zu begreifen, Für einen der kein Adler ist, ists schwierig, Mit klarem Auge durch die Welt zu schweifen. FRANKE: Daß Stalin oder Mao sind der Linken Verleidet, hat mit Osteuropas Ringen Dem Westen in den Schoß zurückzusinken (Und ich bin sicher dies wird bald gelingen) Recht viel zu tun. Das Lied vom Dauermangel, Muß die verwöhnten Burschen arg verdrießen, Drum gehn die Fische lieber an die Angel, Als daß da neue Sozialismen sprießen. Amerika! Die Freiheit unserer Prägung Verliert die allerletzten Konkurrenten, Da muß man selbst bei vorsichtiger Wägung, Von Heilung sprechen im so bös Getrennten. Auch im Politbüro der längst Vergreisten, Die ihre Weltsicht in den Zwanzgern fanden, Kann die Doktrin nur Rituale leisten, Der Glaube aber ward schon ganz zuschanden. Denn glaubten sie Gesetze der Geschichte, Sie würden offensiv die Fahne setzen, Doch weil das Weltbild schon im Kern zunichte, Sind sie dabei, uns müde nachzuhetzen. Müde im Zweifel, ob das denn das rechte, Gehetzt in Sorge, doch sich zu verspäten, Sie starren vorgeführt auf alles Schlechte, Wie einer, der den Fisch vergißt vor Gräten. Wir haben, ob da Panzer stehn und Mauer, Die Meinungsführerschaft total gewonnen, Man sieht die Dinge, doch schaut man genauer, Sieht man den Geist, der bloß zu Stoff geronnen. |