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Aus »Anna Luise. Trauerspiel«.   Vers 63569 bis 63633

DRITTER AUFZUG. DRITTE SZENE


Anna Luise, Artz, Jenny. Major Block tritt auf.

BLOCK: Ich wünsche einen schönen Tag den Damen,
Und auch dem Herrn, dort sitzend am Klaviere,
Es schaff Ihn’ Glück auch im bescheidnen Rahmen,
Daß die Musik den Alltagsgram verziere.
Ein Kamerad wird morgen heimbefohlen
Aus diesem schönen Land mit gutem Essen,
Drum möchten wir ihm etwas Freude holen,
Eh wir ihn rasch im harten Dienst vergessen.
Euch, schöne Frau, bitt ich zu diesem Zwecke,
Ich weiß, Sie haben manches trotz der Nöte,
Um einen Satz von silbernem Bestecke
Und hoff, Sie würgt nicht allzusehr die Kröte.

ANNA LUISE: Ich bins gewöhnt, daß man hier nicht lang bittet,
Man requiriert, ich bin ja ohne Rechte,
Ich danke Euch, daß Ihr so wohlgesittet,
Und glaub, die Absicht ist auch keine schlechte.
(Sie holt aus einer Ecke einen Besteckkasten.)

BLOCK: Mein Volk hat sehr in diesem Krieg gelitten,
Doch haß ich nicht die Deutschen und die Fürsten,
Denn der Gewinn, darum die Völker stritten,
War nichts von dem, wonach die beiden dürsten.
Schon damals als in Serbien Attentäter
Europa stießen in ein Meer von Leiden,
Amerika hat drob gefreut sich später,
Und Fluch wars unsern Völkern, allen beiden.

ANNA LUISE: Ein mutig Wort, der Herr mögs Euch entgelten,
Was tatet Ihr, eh Ihr zum Kriegsdienst mußtet,
Ich hoff, Ihr dürft bald heim aus diesen Zelten,
Wo der Soldat im Graben friert und hustet.

BLOCK: Ich war ein Mime am Bolschoi-Theater
Und Tell von Schiller war mir liebste Rolle,
Beim Zaren inszenierte dort mein Vater,
Lang deckt ihn schon die schwarze Heimatscholle.

ANNA LUISE (kramt einen unscheinbaren Stein hervor):
Nehmt diesen Stein, den vom Busento brachte
Ein Vorfahr auf Alarichs Sagenspuren,
Kein Gold, das für entbehrlich ich erachte,
Ein Ding, gereicht durch Kriege und Kulturen,
Den steckt dem Vater in den Mutterboden,
Daß sich ein Kreis füg, still und ohn Posaunen,
Denn unser Herr sucht nicht nach Glanz und Moden
Und seine Diener ruhen nicht auf Daunen.

BLOCK: Woher wißt Ihr, daß ich der Kirche treulich?
Wie könnt Ihr solch Mysterium mir vermachen?
In Rußland jagt man Popen wüst und greulich
Und auch die Frommen haben nichts zu lachen.

ANNA LUISE: Ich sah in Euren Augen und in Worten
Das Leuchten unsers Herrn, das wohlverständlich
Dem Christen Eigentum an allen Orten,
Unsichtbar dem, der tückisch tut und schändlich.

BLOCK: Dies ist das höchste Glück in diesem Zuge,
Ihr, Fürstin, seid fürwahr von Gottes Gnaden,
Ich sag Euch, einst entsagt die Welt dem Truge,
Und küßt Euch Hände und zuletzt die Waden.

ANNA LUISE: Ich werd nicht mehr Veränderung erleben,
Doch Glaubenden ist Zeit nur Episode,
Es gibt nichts, was dem Herren nicht gegeben,
Und wieder Wald wird einstens jede Rode.

BLOCK: Ich dank, doch leider kann ich hier nicht bleiben,
Ich müßte längst zurück in die Kaserne,
Von Eurer Größe wird der Himmel schreiben,
Und jeder spürt ihn einst im Licht der Sterne. (Ab.)

ARTZ: Ich muß auch gehn, du, Jenny, bleibst du länger?

JENNY: Ich hab noch manche Wege zu besorgen.

ANNA LUISE: Nun geht schon, ich bin nicht der Fliegenfänger,
Ich will jetzt ruhn, dann Artz, machs gut bis morgen.
(Artz und Jenny ab.)