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Aus »Der arme Heinrich. Miraculum«.   Vers 61256 bis 61315

DRITTER AUFZUG. SIEBENTE SZENE


Heinrich, Margarete, Albrecht, Burkhard, Priester, Martha, Geiger.

GEIGER: Wer fordert den Gesang zum guten Ende?
Ich hab doch ein Gespür für solche Szenen,
Das Publikum hebt nicht im Zorn die Hände,
Wenn wir die Mär ein bißchen überdehnen.

MARGARETE: Ich hab dir übel mitgespielt, Beherzter,
Du warst mir Trost, der einzge oft in Jahren,
Erneut bitt ich nach Freundschaft, bös verscherzter,
Die Reue mehrts, wird so viel Glück erfahren.

HEINRICH: Auch ich muß um Verzeihung nochmals bitten,
Den Kerl, der ehrbar, hält man nicht zum Narren,
Wos einem wohl, hat anderswer gelitten
Und nicht als Ochs spann man ihn vor den Karren.

GEIGER: O Margarete, glaub nicht, daß ich fluche
Dein Glück, und daß es meins nicht sollte werden,
Ich bin ein Gast in diesem Wunderbuche,
Verströme mich an manchem Ort auf Erden.
Ich fahre und dies schafft mir manchmal Weinen,
Wenns aussieht, als sollt stillestehn der Wandel,
Ums angestammte Los beneid ich keinen,
Weil ich mit Märn und dunklen Träumen handel.
Was hier geschieht und fort in vielen Tagen
Sind meiner Sphäre schillernde Akkorde,
Hälts Gram für gut, an meiner Seel zu nagen,
So glich doch Halten dem Begabungsmorde.
Auch du bist meinem Lied nur eine Note,
Ich danke dir, doch Heinrich drob nicht minder.
Ich weiß es nicht, von wannen ich der Bote,
Doch mancher wird in meiner Näh zum Finder.

PRIESTER: Gott steht es offen, wo er Segen spende.
Er mahnt uns, daß wir blind vor seinem Wollen,
Drum falten wir in Demut unsre Hände
Und überblenden mit der Lieb das Grollen.

GEIGER: Wenn schon die Orgel darf dem Paar nicht singen,
Weil dieser Ort die Mitte blieb dem Netze,
Soll doch die Geige uns am Ende klingen,
Denn sie kennt keine ausgewählten Plätze.
Sie ist ein Vogel, der im Offnen nistet,
Sie fliegt davon, wohin ist nicht zu wissen,
Wer weiß von solchem Schalk sich überlistet,
Sieht Anlaß nicht, die Klärung zu vermissen.

BURKHARD: Zur Hochzeit meines Sohnes darf die Muse
Nicht ausgesperrt sein, ist er doch ihr Streiter,
Auch beb der Braut, die stimmenfein, die Bluse,
Daß ihrem Ton die Saite dien als Leiter.

MARTHA: So spiele uns, du Vogel aus den Weiten,
Die wir nur manchmal angedeutet mögen,
Auch wenn wir durch die Eichenwälder schreiten,
Vertraun wir blind der Tragekunst der Bögen.

MARGARETE (singt zur Geige):
Die Nachtigall singt niemals auf der Weide,
Sie schlägt die Lieder stets im Haselstrauche,
Der Mann erkennt das Ziel nicht, daß er leide,
Jedoch das Weib erspürts im tiefen Bauche,
Die Lieb vereint das Nehmen mit dem Geben
So sehr, daß wir den Unterschied vergessen,
Und ihr beliebts, das Sagengarn zu weben,
Daß die darinstehn nicht mehr wissen, wessen.
Doch wenn das Garn auch löchrig werd und risse
Und im Betrachter Staub wird und Verfallen,
Das Haselvolk bleibt ewig das Gewisse,
Und auf den Zweigen singen Nachtigallen.